Tim Oliver Schultz, viele Schauspieler waren in ihrer Schule die Klassenclowns. Gilt das auch für Sie?
Dafür war ich zu schüchtern. Ich war der Kleinste in der Klasse und hatte nicht so viele Freunde in der Schule. Eigentlich hatte ich nur einen einzigen richtigen Freund, Chris. Als er mit seiner Familie aus Berlin weggezogen ist, blieben wir beste Freunde, bis heute. Abgesehen davon hatte ich das Gefühl, nie wirklich in der Schule angekommen, nie im Takt mit den anderen zu sein. Ich fühlte mich immer fremd. Ich habe kürzlich mein blaues Büchlein gefunden, in dem Lehrer und Eltern miteinander kommunizieren konnten.
Was gab es da Aufschlussreiches zu lesen?
Da steht zum Beispiel „Tim bedroht Mitschüler mit einem Nutellabrot“. Na ja, offenbar musste ich meine Defizite in Sachen Körpergröße und Durchsetzungskraft irgendwie ausgleichen.
Sie wurden mit zwölf Schauspieler. Machte Sie das nicht noch mehr zum Außenseiter?
Meine Mutter hat mich mit zehn auf Anraten einer Bekannten zu einer Schauspielagentur gebracht. Da wurden Fotos gemacht, ich wurde ernst genommen und respektiert. Dann kam die erste große Rolle. Das Leben am Set hat mir großen Spaß gemacht und früh den Wunsch geweckt, dass ich das gern zu meinem Beruf machen würde.
Wie ließen sich für den kleinen Tim Oliver Schultz Schule und Dreh vereinbaren?
Die Filmerei war während der Schulzeit Nebensache, und gedreht wurde hauptsächlich in den Ferien, also fiel meine exotische Nebenbeschäftigung gar nicht so auf. Doch durch die Schauspielerei wurde ich selbstbewusster. Ich lernte, meine Meinung zu artikulieren und für sie geradezustehen. So bin ich sogar zum Schulsprecher gewählt worden.
Was, glauben Sie, hat Sie dafür qualifiziert?
Ich konnte schon immer gut vermitteln und unterschiedliche Standpunkte nachvollziehen. Ich hatte keine Scheu, mit den Lehrern zu reden und Schülerinteressen vorzutragen. Dieses Stück Verantwortung übertragen zu bekommen hat mich sehr positiv geprägt.
Erinnern Sie sich noch an etwas, das Sie als Schülersprecher durchgeboxt haben?
In der Schule war ein Raum ungenutzt, vollgestellt mit Gerümpel. Ich wollte daraus etwas machen. Mithilfe von Spenden habe ich ihn schön herrichten lassen, günstig Computer erworben und einen tollen Mehrzweckraum daraus gemacht. Da sind auch tolle Schülerpartys gefeiert worden.
Wie waren bei dem Engagement Ihre Noten?
Ich hatte auf dem Gymnasium in allen Fächern schwer zu knabbern. Vor allem Mathe, Chemie, Physik, Französisch – grauenhaft. Bis heute werde ich regelmäßig von Albträumen heimgesucht: Ich verzweifle bei der Abiprüfung in Mathe oder Geschichte.
Fürs Abitur hat es aber gereicht?
Ja, für einen Schnitt von 2,8. Ich hätte bei einer Nachprüfung in Geschichte auf 2,7 kommen können. Aber ich hatte von Schule so genug, dass ich die Nachprüfung habe sausen lassen, obwohl allein mein Erscheinen für die bessere Note gereicht hätte.
War in Ihrem Lebensentwurf je etwas anderes als die Schauspielerei vorgesehen?
Nicht wirklich. Nach der Schule ging es von einem Dreh zum nächsten. Ich habe Praktika bei Filmproduktionen gemacht und in Wien Theater-, Film- und Medienwissenschaften studiert. Mich hat immer mehr die Arbeit hinter der Kamera interessiert. Vor zwei Jahren habe ich mein Studium an der Berliner Filmhochschule abgeschlossen. Darauf bin ich richtig stolz.
Tim Oliver Schultz – Schule – Foto: Kerem Bakir
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