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Seite 2/2: Stottern in der Schule: "Wichtig ist es, das Stigma aufzubrechen"

Stottern in der Schule: „Wichtig ist es, das Stigma aufzubrechen“

Angela Nelde, Stottertherapeutin und Lehrerin für Sonderpädagogik, erklärt, warum stotternde Kinder oft Probleme in der Schule haben und was ihnen helfen kann

 

Warum haben es stotternde Kinder in der Schule manchmal so schwer?

Viele ­stotternde Kinder haben schon in der Grundschule Horror-Erlebnisse. Manchmal äffen andere Kinder sie nach, und nicht immer bekommen ­Lehrer das mit oder greifen ein. Natürlich gehen alle Kinder ­anders mit solchen Erfahrungen um: Manche selbstbewusster, manche schweigen, andere werden wütend und lösen das mit Fäusten. Und dann haben sie nicht nur ein Stotterproblem, sondern gelten plötzlich auch als Kind mit ­einem Aggressionsproblem.

Was bedeutet das für die schulische Leistung?

Angela Nelde: "Wichtig ist es, das Stigma aufzubrechen" – Magazin SCHULE
Angela Nelde: Stotter-Expertin und Lehrerin

Stottern kann sich ­katastrophal auf die Noten auswirken. Viele Kinder wollen ihr Stottern in der Schule nicht preisgeben. Sie schweigen, sagen nur sehr wenig und werden als besonders schüchtern wahrgenommen. Andere sind ­wahre Meister im Kaschieren ihrer Schwäche und vermeiden bestimmte Wörter oder ­komplizierte Sätze. Bei großen Klassen kann es sein, dass ein Lehrer denkt, das Kind will ­einfach nicht mitmachen, und ­zunächst nicht merkt, dass das Kind stottert.

Aber wäre es nicht besser, das Pro­blem sofort anzusprechen?

Offenheit ist sehr wichtig, aber oft bitten Kinder ihre Eltern, nicht mit dem Lehrer zu sprechen, weil ihnen das Stottern peinlich ist. Aber es ist wichtig, das Stigma aufzubrechen, zu erklären, dass man nicht doof ist, nur weil man stottert. Nicht jeder Lehrer weiß, wie er auf stotternde Kinder rea­gieren soll und was getan werden kann, um zu helfen. Da kann es hilfreich sein, Kontakt zu Experten aufzunehmen oder auch Therapeuten in die Schule einzuladen.

Was hilft Stotterern in der Schule?

Das ist von Kind zu Kind ­unterschiedlich. Lehrer, ­Schüler und Eltern sollten zusammen über­legen, wie die Teilnahme am ­Unterricht leichter wird. So könnten Lehrer zum Beispiel anbieten, dass die Kinder sich selbst ­ melden, wenn sie vorlesen möchten, anstatt sie aufzurufen. Oder Kinder werden unter vier Augen ausgefragt und nicht vor der ganzen Klasse. Und: Jedem Schüler steht die Möglichkeit eines Nachteilsausgleichs zu. Je nach Bundesland sind die Bedingungen aber unterschiedlich – und oft muss man in Schulen erst einmal Überzeugungsarbeit leisten.

Wie kann man stotternde Kinder sonst noch unterstützen?

Es ist enorm wichtig, das Selbstbewusstsein der Kinder zu stärken. Ich hole in meine neuen Klassen oft ehemalige Schüler von mir rein, die stottern. Und dann sehen die neuen Kinder, die ihre Schwäche vielleicht noch nicht akzeptiert haben, dass auch andere eine Sprachstörung haben und es trotzdem geschafft haben. Und: Es ist wichtig zu sehen, was das Kind gut kann, was es für Interessen hat. So kommt man weg vom Bild des stotternden Kindes.

 

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