Ein ganz besonderer Tag im Leben ist es auf jeden Fall, wenn die Tochter oder der Sohn in die erste Klasse kommt. Die meisten Eltern empfinden diesen Moment sogar als Zäsur in der Beziehung zu ihrem Kind. Kein Wunder also, dass sich viele Eltern fragen, wie sie sich und ihr Kind richtig vorbereiten auf die Schule.
Fest steht: Mit der Einschulung verändert sich vieles. Das betrifft zum einen ganz praktische Dinge wie Stundenpläne und Ferienzeiten, die das Familienleben von jetzt an durchtakten. Zum anderen muss sich das Kind aber auch an eine ganz andere Umgebung mit neuen Regeln gewöhnen: Während es zuvor im Kindergarten meist noch umsorgt wurde, muss es nun in der Schule viele Stunden und schwierige Situationen – im Unterricht wie auf dem Pausenhof – selbstständig meistern.
Richtig vorbereiten auf die Schule: Hält mein Kind eine ganze Schulstunde durch?
Doch nicht nur die Rahmenbedingungen sind für Erstklässlerinnen und Erstklässler ungewohnt. Auch ist kaum ein Vorschulkind in allen Bereichen gleichermaßen entwickelt. Das eine kann vielleicht schon einfache Sätze lesen, fängt aber an zu weinen, sobald ein Fremder es anspricht. Ein anderes kann stundenlang konzentriert Roboter aus Lego zusammensetzen, kriegt aber, wenn es ans Malen geht, nur Krickelkrakel hin.
Aber auch wenn es schwerfällt, mögliche Schwächen des eigenen Kindes und unterschiedliche Herangehensweisen von Schulen und Lehrkräften zu akzeptieren, gilt: Kein Abc-Schütze muss vom ersten Schultag an alles können. Und die meisten Erstklässler machen gerade in den ersten sechs Monaten einen gewaltigen Entwicklungsschub mit.
Gelassenheit ist also angebracht. Aber ihre Kleinen behutsam vorbereiten und ihnen so den Start erleichtern, das können Eltern sehr wohl:
1. Den Ball flach halten:
- Versuchen Sie, keine zu hohen Erwartungen an die Einschulung zu knüpfen. Vermeiden Sie Sätze wie: „Das musst du jetzt aber können, du bist schließlich bald ein Schulkind.“ Auch andere Erwachsene können unwissentlich Ängste schüren. Bitten Sie Verwandte und Freunde, sich mit solchen Äußerungen zurückzuhalten.
- Bleiben Sie cool, wenn Ihre Tochter oder Ihr Sohn plötzlich wieder kleinkindliche Anwandlungen bekommt. Das Kind will sich vielleicht nur vergewissern, dass Sie auch weiterhin zu ihm stehen.
2. Äußere Stressfaktoren aus dem Weg räumen:
- Gehen Sie mehrmals gemeinsam den Schulweg ab – zu Fuß oder mit dem Roller. Vielleicht gelingt es Ihnen, den täglichen Schulweg in Ihr Sportprogramm zu integrieren. In vielen Nachbarschaften gibt es Schulweggemeinschaften, fragen Sie, ob Ihr Kind mitmachen kann.
- Machen Sie Ihr Kind mit dem Schulumfeld vertraut. Wenn es möglich ist, gehen Sie gemeinsam durch das Gebäude: Wo ist die Turnhalle? Warum sind vor den Klassenzimmern Schränke? Wo geht es zur Mittagsbetreuung?
- Viele Schulen haben einen Tag der offenen Tür oder ein Sommerfest. Aber Vorsicht: Auf schüchterne Kinder könnte das eher abschreckend wirken. Zudem fallen diese Veranstaltungen in diesem Jahr coronabedingt meist aus. Einige Schulen bieten statt dessen auf ihren Websites virtuelle Rundgänge an, die den Neuen schon einmal einen Eindruck geben können.
- Falls Ihr Kind keine Kindergartenfreunde in der Klasse haben wird, können Sie in der Nachbarschaft nach potenziellen Klassenkameraden schauen. Fragen Sie ältere Schüler derselben Schule, ob Ihr Kind sich notfalls an sie wenden kann, das gibt ein sicheres Gefühl auf dem Pausenhof.
- Überlegen Sie gemeinsam, wie der Tagesablauf eines Schulkinds aussehen wird. Üben Sie das frühe Aufstehen und das rasche Anziehen. Planen Sie ausreichend Zeit zum Entspannen und fürs Toben ein. Die Hausaufgaben werden am Anfang höchstens 20 Minuten in Anspruch nehmen, später maximal eine Stunde. Falls das Kind in den Hort oder in die Mittagsbetreuung geht, klären Sie, wie dort die Abläufe geregelt sind.
Manches braucht einfach Zeit
Doch wer sein Kind richtig auf die Schule vorbereiten möchte, sollte nicht nur auf die äußeren Rahmenbedingungen blicken. Kinder unterscheiden sich in vielen Fähigkeiten, die im Schulalltag wichtig sind. Dazu zählen vor allem die sprachliche Entwicklung und das Sozialverhalten sowie Grob- und Feinmotorik. Hier können Kinder gleichen Alters sehr unterschiedlich weit entwickelt sein. Das ist meist kein großes Problem: Im Laufe des ersten Grundschuljahres nähern sich die Kinder in der Regel weitgehend an.
Unser Schul-Fitness-Check unten gibt Eltern Hinweise, wo ihr Kind schon recht weit entwickelt ist und wo es noch etwss Zeit braucht:
Wenn Ihr Kind ein bestimmten Bereichen offenbar noch deutliche Defizite hat, sollten Eltern klären, ob medizinische Ursachen der Grund sein könnten. Wenn es undeutlich spricht, ist oft ein schlechtes Gehör schuld. Wenn es auffallend schnell müde wird, kann das an schlechten Augen liegen. Natürlich muss nicht jede Schwäche gleich therapiert werden. Meist reicht es völlig aus, dass die Eltern sich des Problems bewusst werden und ihrem Kind die notwendigen Anregungen oder Ruhephasen geben. Manchmal wirkt schon weniger Stress und eine liebevolle und dem Kind zugewandte Atmosphäre Wunder.
Vorschul-Drill schadet eher
Jedenfalls kann man Entwicklung nicht erzwingen – deswegen ist Vorschul-Drill in den letzten Wochen vor der Einschulung eher kontraproduktiv. Kinder lernen nur nachhaltig, wenn sie mit dem Gelernten positive Emotionen verbinden. Das heißt: Wenn Kinder selbst Lust haben, sich mit Schwungübungen und Ausmalen aufs Schreibenlernen einzustellen – wunderbar.
Falls ein Kind aber keine Lust auf Griffel hat, lernt es Feinmotorik auch, wenn es den Obstsalat selbst schnippeln darf. Toben und Klettern sind nicht nur gut für die Körperbeherrschung, sondern auch Futter fürs Hirn. Und ein Lagerfeuer mit den Eltern kann bei den Kleinen mehr Interesse an physikalischen Prozessen auslösen als eine überfüllte Vorlesung an der Kinder-Uni.
Richtig vorbereiten auf die Schule – Fotos: klimkin und Ainuddin Chalik auf Pixabay Dieser Artikel wurde am 22.7.2021 erstellt und seither mehrfach aktualisiert. Das Datum oben bezieht sich auf die jüngste Aktualisierung.