Noah Levi, in der „Häschenschule“ sprichst du den coolen Großstadt-Hasen Max, der Ostern retten muss. Eine Rolle, die zu dir passt?
Ja, auf jeden Fall! Die Figur hat viele Parallelen dazu, wie ich selbst gern wäre. Max ist lässig, schlagfertig und witzig, einfach ein cooler Typ. Aber er ist auch klug, zuverlässig und einfühlsam, sonst hätte er keinen Erfolg mit seiner Mission. Und er ist ein richtig guter Freund. Wer wäre nicht selber gerne so?
In deinen Songs gibst du dich nicht so sehr als der coole Hund, sondern wirkst oft nachdenklich und verletzlich.
Das gehört beides zusammen. In meiner Musik geht es vor allem ums Erwachsenwerden, um die Suche nach mir selbst und nach meinem Platz im Leben. Und dabei ist man halt mal cool drauf und fühlt sich unbesiegbar, und dann zweifelt man wieder oder ist niedergeschlagen. Was sind meine Stärken und Schwächen, auf was und wen kann ich mich verlassen, was will ich eigentlich im Leben: Solche Fragen beschäftigen mich genauso wie andere Leute in meinem Alter.
Ich war null vorbereitet darauf, berühmt zu sein
Wobei das Erwachsenwerden bei Dir recht früh losging. Als 13-Jähriger hast du die Castingshow „The Voice Kids“ gewonnen und warst mit einem Schlag kein gewöhnlicher Teenager mehr.
Das stimmt, damals war ich von einem Tag auf den anderen plötzlich berühmt. Darauf war ich null vorbereitet. Das war ja alles nicht geplant: Ich hatte mir vorher nie ausgemalt, wie das wäre, die Show zu gewinnen oder mit Musik Geld verdienen zu können oder sogar ein Star zu sein, das war einfach kein Thema für mich. Der Gedanke ist mir gar nicht gekommen. Und dann musste ich mich plötzlich mit lauter Erwachsenensachen beschäftigen wie mit Verträgen, Gagen, Management und so.
Für den Star Noah Levi wurde Schule wahrscheinlich eher lästig.
Das war sie vorher schon. Ich war immer ein schlechter Schüler, vor allem wegen meiner Aufmerksamkeitsstörung. Ich konnte mich nicht gut konzentrieren und hatte in einigen Fächern immer wieder grauenhafte Noten. Schule war für mich ein Ort, von dem ich außer Freundschaften nur Misserfolge mitgenommen habe. Für meine Mutter, die mich die meiste Zeit alleine großgezogen hat, war das eine große Belastung. Sie hat viel mit mir geübt und alles versucht, um mich zu fördern, zu stützen und zu unterstützen.
Hat sie auch deinen Weg in die Musik unterstützt?
Sie hat mich überhaupt erst auf diesen Weg gebracht! Meine Mum hat immer schon nach Ventilen gesucht, wo ich meine Energie ablassen konnte. Ich habe jeden Sport gemacht, den man sich vorstellen kann – immer nur für drei, vier Monate, dann hatte ich das Interesse schon wieder verloren. Nur beim Turmspringen bin ich länger geblieben, sogar auf Leistungsniveau, bis ich mich im Training verletzte und deswegen nicht weitermachen konnte. Kurz danach sind wir nach Berlin gezogen, und ich hatte überhaupt keine Motivation, mir schon wieder einen neuen Sport zu suchen, einen neuen Verein, in einer neuen Stadt, in der ich mich gar nicht auskannte. Da hat meine Mutter mir vorgeschlagen, Gitarrenunterricht zu nehmen. Anfangs war ich skeptisch und habe das eigentlich nur ihr zuliebe ausprobiert. Aber die Musik hat mir Spaß gemacht, und dann habe ich auch noch entdeckt, dass ich gern singe. Und plötzlich war klar: Das ist es, darin gehe ich voll auf.
Musik ist wie die Umkehr meiner Störung
Wie hast du das gemerkt?
Das war wie die Umkehr meiner Konzentrationsstörung. Auf Musik kann ich mich 13, 14 Stunden am Stück konzentrieren. Wenn ich heute im Studio bin, arbeite ich oft den ganzen Tag durch und esse nichts, weil es einfach vergesse. Es ist faszinierend zu sehen, wie so ein Gehirn funktioniert. Ich kann mir vorstellen, dass es vielen Menschen mit einer ähnlichen Störung so geht wie mir: Es gibt da diese eine Sache, in der sie besonders gut sind, und bei der verschwindet das Problem. Die Kunst ist, diese Sache für sich zu finden.
Wie haben deine Lehrkräfte darauf reagiert, dass die Musik plötzlich so viel Raum in deinem Leben eingenommen hat?
Sehr unterschiedlich. Da gab es die einen, die mit dem klassischen Spruch kamen: Nur weil du im Fernsehen warst, bist du jetzt nichts besonderes. Die gingen sofort davon aus, dass ich jetzt eingebildet und selbstüberschätzt bin. Dabei war eher das Gegenteil der Fall: Meine Musikkarriere hat so viel Druck mitgebracht, dass ich echt froh war, mal nicht im Rampenlicht zu stehen. Aber es gab auch einige Lehrer, die mir zugeredet haben, die mich unterstützt haben und bei denen ich mich dann auch besser konzentrieren konnte. Mein Klassenlehrer zum Beispiel stand die ganze Zeit über hinter mir und hat es nicht persönlich genommen, wenn ich für einen Test nicht gelernt hatte, weil ich nach der Schule acht Stunden im Studio gewesen war. Dann hat er mich halt ein paar mal mehr im Unterricht aufgerufen, und ich habe mir Mühe gegeben, dort gute Leistungen zu bringen.
Welche Fächer liefen bei dir besser?
Deutsch zum Beispiel. Am Anfang habe ich meine Songs noch auf Englisch geschrieben, aber ziemlich bald entdeckt, dass ich auf Deutsch viel besser ausdrücken kann, was mich bewegt. Dadurch war Deutsch auch in der Schule viel interessanter. Texte schreiben, analysieren und interpretieren, das hat mir natürlich ein bisschen in die Karten gespielt. Das Entscheidende war, dass ich meine Stärken zeigen konnte, nicht nur in Deutsch. Ich wusste jetzt: Ich kann mich auf mich selbst und auf meine Talente verlassen. Welche Noten ich in der Schule schreibe, ist nichts, was mich als Mensch definiert. Das hat mich insgesamt viel ruhiger gemacht.
Noah Levi, trotzdem hast du die Schule nach der zehnten Klasse abgebrochen, um dich ganz auf die Musik zu konzentrieren. Ehrlich gesagt, als Vater hätte ich damit bei meinen eigenen Kindern Probleme. War deine Mutter einverstanden?
Sie hat mir immer wieder deutlich gemacht, dass ich auf jeden Fall einen Abschluss brauche, mit dem ich im späteren Leben auch noch einen anderen Weg einschlagen kann. Ohne Abschluss von der Schule zu gehen, war keine Option. Deswegen war für mich klar, dass ich die Zehnte bestehen muss, um zumindest die Mittlere Reife zu haben. Natürlich wäre es meiner Mum lieber gewesen, wenn ich auch noch das Abi gemacht hätte. Aber sie hat mich auf meinem Weg trotzdem unterstützt, wie sie mich immer unterstützt hat. Sie hat einfach gesehen, dass Musik die Sache ist, in der ich aufgehe und die mich glücklich macht. Und ich denke, darum geht es doch im Leben.
„Noah Levi: Schule war schrecklich für mich – bis ich mit meiner Musik Erfolg hatte“ – Foto: LEONINE Studios