Bei jedem Kind kann es in der Schule einmal nicht so gut laufen. Aber wenn die Noten ins Bedenkliche kippen, ist es wichtig, dass die Eltern die Ursachen erforschen. Ist Ihr Kind überfordert, oder hat es anderes im Kopf? Fehlen ihm Grundlagen? Bekommt es von einer bestimmten Lehrkraft keine Chance? Schwächt ein Umzug oder eine Krankheit die Lernleistung? Überlegen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind, was zutreffen könnte, und suchen Sie anschließend das Gespräch mit den Lehrkräften. Möchten Sie Nachhilfe nehmen? Dann gibt es einiges zu beachten.
In jedem Fall sollten sowohl Institute als auch Privatlehrkräfte es ermöglichen, vor einem Vertrag in Probestunden Ursachen für die schwachen Leistungen zu ergründen. Denn wenn Ihr Kind beispielsweise an Legasthenie oder Dyskalkulie leidet, braucht es vermutlich eine spezielle Förderung, keine Nachhilfe.
Steht die Entscheidung, dass Ihr Kind Hilfe benötigt, sollten Sie überlegen, ob Sie private Nachhilfestunden buchen wollen oder Ihr Kind an einem Institut lernen soll. Falls Sie darüber nachdenken, selbst zum Nachhilfelehrer zu werden: Das ist meist keine gute Idee und gibt Streit und Frust.
Nachhilfe nehmen: bei der Privatlehrkraft oder an einem Institut?
Wer Nachhilfe nehmen möchte, steht zunächst einmal vor einer grundätzlichen Frage: Privatlehrer oder Institut? Ein großer Vorteil einer Privatlehrkraft ist der, dass Sie in der Regel keinen Vertrag schließen. Die Nachhilfe kann flexibel gestaltet werden (mehr Stunden vor Arbeiten; die Zusammenarbeit kann jederzeit zeitnah beendet werden, zum Beispiel wenn es zwischen der Lehrkraft und dem Kind nicht passt). Privatlehrkräfte geben fast immer Einzelunterricht, und die meisten Lehrer kommen zu Ihnen. Oft sind es Studierende oder ehemalige Pädagogen, die ihre Dienste anbieten. So ist pädagogische Vorbildung gewährleistet. Man findet Nachhilfelehrkräfte im Netz oder durch Empfehlung von anderen Eltern. Natürlich können Sie auch selbst über ein Inserat nach einer kompetenten Nachmittagslehrkraft suchen.
Manche Kinder lassen sich in der Gruppe besser motivieren
Die meisten Institute geben Nachhilfe in Gruppen von bis zu acht Schülern, bieten aber auch Einzelunterricht an. Manche schicken die Lehrkräfte dafür auch zu Ihnen nach Hause. (Ein mir bekanntes Institut berechnet dafür 60 Euro pro Unterrichtseinheit, davon 22 Euro für die Lehrkraft, inklusive Fahrtkosten und -zeit). In einer Gruppe kann sich die Lehrkraft nicht ganz so intensiv um jeden Schüler kümmern. Andererseits lassen sich manche Kinder gerade durch die anderen in der Gruppe motivieren und entwickeln sogar Ehrgeiz.
Zudem ist Gruppenunterricht in der Regel preiswerter. Es ist aber schwieriger, ausfallende Stunden kurzfristig nachzuholen oder umzulegen. Der Grund sind oft die Lehrräume. In diesen ist jedoch auch meist umfangreiches Lehrmaterial für unterschiedliche Anforderungen vorhanden, was bei Privatlehrern nicht unbedingt der Fall ist.
Auch über das Internet kann man heute Nachhilfe nehmen. Bei einigen Anbietern kommuniziert das Kind mit seiner Lehrerin über Videokonferenz und virtuelle Schreibblätter. Bei anderen werden nur Übungen und Lernvideos zur Verfügung gestellt.
Meine Meinung dazu ist: Übungen, Lernvideos und Lernsoftware finden Sie auch so im Netz, in Büchereien und im Buchhandel. In einer reinen Videokonferenz kann die Lehrkraft die laufende Arbeit nicht gut beobachten, außerdem ist der Einsatz von Materialien kompliziert. Als alleinige Nachhilfe hat Online-Unterricht aus meiner Erfahrung kaum Vorteile – als Ergänzung zum Lernen kann er aber durchaus sinnvoll sein.
Fazit: Sollte Ihr Kind große Lücken in einem Fach aufweisen, die nicht durch Fleiß aufzuholen sind, empfiehlt sich Einzelunterricht. Nur dort reicht die Zeit für den Spagat zwischen Aufarbeitung der Lücken und Vorbereitung auf die nächste Arbeit, bei der empfohlenen Doppelstunde pro Woche.
Was ist gute Nachhilfe?
Logisch, Lehrerinnen und Lehrer sind Menschen und Schüler auch. Das bedeutet: Wenn die Chemie zwischen beiden stimmt, dann ist schon viel erreicht. Dies kann man, genau wie vieles andere, in Probestunden herausfinden. Sollte ein Institut direkt auf einem Vertrag bestehen, schauen Sie sich erst noch einmal woanders um. Zwei, besser noch drei Doppelstunden reichen, um festzustellen, ob man miteinander klarkommt und wo die Schwächen des Schülers liegen. Die Lehrkraft sollte mit Ihnen über Ihr Kind sprechen.
Jede Lehrkraft hat ihren eigenen Stil. Man kann nicht sagen, welche Art die beste ist. Wichtig ist jedoch, dass die Lehrkraft in der Lage ist, die persönlichen Schwächen des Schülers zu erkennen und auf sie einzugehen. Faule Schülerinnen und Schüler brauchen vielleicht ein bisschen Druck, unsichere eine Stärkung des Selbstbewusstseins usw.
Wichtig ist, dass die Kinder auch Lernen lernen
Wenn es nicht um die konkrete Prüfungsvorbereitung geht, etwa für den qualifizierten Abschluss, das Abitur oder eine Nachprüfung, ist es mir sehr wichtig, dass meine Schülerinnen und Schüler Lernen lernen sowie Hintergründe und Zusammenhänge kennen und verstehen. Auf diese Weise kann man erreichen, dass das Gelernte nicht nach der nächsten Arbeit wieder vergessen ist.
Ein konkretes Beispiel aus der Mathematik: eine Schülerin lernt die Berechnung der Oberfläche von Körpern. Ich erkläre ihr nicht einfach die Formel (benötigte Zeit: weniger als 1 Minute), sondern fordere die Schülerin auf, selbst nachzudenken und hinzuschauen und so die Formel zu finden – Fragen bringen sie gegebenenfalls weiter. Sie soll selbst entdecken, dass sie alle Flächen addieren muss. Dann ist es später kein Problem, sollte sie die Formel wieder vergessen: Sie wird immer wieder wissen, wie sie sie findet (Zeit: 5–15 Minuten). Gerade in der Mathematik funktioniert es, sich auf schon Bekanntes zu besinnen, sehr gut.
Doch auch bei Sprachen kann man immer wieder die Parallelen und Unterschiede zur deutschen Grammatik herausstellen und so vieles deutlich machen, statt einfach nur auswendig lernen zu lassen. Das kostet deutlich mehr Zeit, wirkt aber nicht nur bei der nächsten Arbeit.
Nachhilfe nehmen: Lohnt sich das?
Gelerntes muss auch geübt werden. Und da dieses Prinzip im Unterricht Zeit braucht, muss ich manchmal in der Nachhilfe Hausaufgaben geben. Das lässt sich durch die Erledigung der Schulhausaufgaben in der Nachhilfe ausgleichen. Dabei sieht die Nachhilfelehrkraft genau die Anforderungen der Schulpädagogen und bekommt einen direkten Eindruck, wie gut der Schüler oder die Schülerin damit zurechtkommt. Die Nachhilfehausaufgaben können dann gezielt den vorhandenen Fähigkeiten angepasst werden.
Gerade meine Grundschulkinder glauben vielleicht manchmal, sie hätten zeitweise nichts gelernt, sondern nur am Computer gespielt. Dabei lösen sie mit den eingesetzten Programmen und Lernspielen mehr Aufgaben, als sie das auf dem Papier gemacht hätten – und ich erkläre viel nebenbei und frage nebenher ab. So merken sie gar nicht, dass sie spielerisch lernen.
Die Lehrkraft sollte ihr Vorgehen begründen können
Sollten Sie also Zweifel an den Methoden Ihrer Nachhilfelehrkraft haben, fragen Sie nach. Sie sollte ihr Vorgehen, so wie ich, begründen können. Nicht zuletzt sind jedoch oft auch Sie als Eltern gefragt. Gerade bei Sprachen oder in der Mathematik geht es nicht ohne die Unterstützung der Eltern. Auch wenn Sie Nachhilfe nehmen, Sie müssen Ihr Kind auch selbst zum Lernen von Vokabeln oder dem Einmaleins bringen. Ebenso müssen die Hausaufgaben gemacht werden, da führt kein Weg dran vorbei.
Ermöglichen Sie dem Kind außerdem viel Kontakt zur Sprache. Ein Tipp: Hörbücher einfach laufen lassen, besser noch bewusst hören. Oder Bücher lesen und wenn möglich laut vorlesen. Wenn Kinder Konzentrationsprobleme haben, rate ich zu diesem einfachen Mittel: Brett- und Kartenspiele mit der ganzen Familie. So macht Lernen allen Spaß! (Hier finden Sie Lern- und Spieletipps für Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen)
Und dann noch die gute Nachricht zum Schluss: Das Geld, das Eltern in die Förderung ihrer Kinder stecken, ist meist gut investiert. 84 Prozent der Nachhilfeschüler verbessern sich nach einem halben Jahr um durchschnittlich eine Note, so eine Studie der Universität Bamberg.
„Nachhilfe nehmen: Was sollten Eltern beachten?“ Foto: Drazen Zigic/Freepik