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Kopfschmerzen bei Kindern – was tun?

Immer mehr Kinder leiden unter Kopfschmerzen. Schon Erstklässlern brummt oft der Schädel. Mediziner raten, nicht sofort zum Medikament zu greifen


Es pocht, drückt, spannt, dröhnt und „tut einfach weh“ – einmal in der Woche klagt Hannes über Kopfweh. Sind Kopfschmerzen bei Kindern ungewöhnlich? Seine Mutter ist deswegen jedenfalls beunruhigt: „Wir kennen die Ursache noch nicht.“

Die Zahl der Kinder, die unter Schädelbrummen leiden, nimmt seit Jahren zu. Eine Studie aus dem schwedischen Turku zeigt, dass bereits zwei Drittel der dortigen Vorschulkinder Erfahrungen mit Kopfschmerzen haben. Bei Erstklässlern in Turku stieg die Häufigkeit zwischen 1974 und 2002 von 14 auf 63 Prozent. Auch die Ergebnisse einer Münchner Studie zu Kopfschmerzen bei Gymnasiasten (MUKIS-Studie) sind alarmierend. Demnach leiden mehr als 80 Prozent der Jugendlichen gut einmal pro Monat an entsprechenden Schmerzen. Kopfweh ist laut Forschern die dritthäufigste Ursache für Fehltage in der Schule.

„Kopfschmerzen gehen früher los“, bestätigt Friedrich Ebinger, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des St.-Vincenz-Krankenhauses in Paderborn. Er denke, „dass die veränderte Lebensumwelt, fehlende körperliche Bewegung oder auch Stress dazu beitragen. Es fehlt oft freie Zeit, in der Kinder draußen rumtoben können.“

Als Risikofaktoren für das Auftreten von Kopfschmerzen zeigten sich bei Jugendlichen unter anderem hoher Alkohol- und Koffeinkonsum, Rauchen, Schlaf- und Flüssigkeitsmangel, Überforderung in der Schule, Mobbing sowie Familienstreits. Die Göttinger „KiJuKo“-Studie zu Kindern, Jugendlichen und Kopfschmerz fand heraus: Je häufiger in der Familie gestritten wird und je weniger Jungen Zeit für sich und zum Spielen haben, desto höher das Risiko. Von der Pubertät an sind Mädchen häufiger betroffen als Jungen. „Viele junge Frauen leiden während der Menstruation unter Migräne“, so Ebinger. „Das deutet darauf hin, dass es einen hormonellen Zusammenhang gibt, aber vermutlich gibt es noch andere Gründe.“

Die meisten Kinder und Jugendlichen leiden unter sogenannten primären Kopfschmerzen. Diese sind nicht auf eine andere Erkrankung wie eine Hirnhautentzündung oder Grippe zurückzuführen. Sind Kopfschmerzen bei Kindern häufig, sollten Eltern in ein Schmerztagebuch eintragen, wann, wie oft und wie lange Kinder Kopfweh haben, wo genau der Schmerz sitzt, ob es eher pocht oder hämmert, wie stark die Belastung ist und ob Übelkeit vorliegt. Die erste Anlaufstelle sollte der Kinderarzt sein. Falls dessen Empfehlungen nicht ausreichen, raten Experten zu einem Termin beim Kinderneurologen oder in der Kinderkopfschmerz-Sprechstunde, etwa in einem sozialpädiatrischen Zentrum. Meist werden die Kopfschmerzen bei Kindern seltener, wenn die Patienten ihren Tagesablauf umstellen und auf ausreichend Pausen, Bewegung und Schlaf achten. Friedrich Ebinger: „Hier können Entspannungsübungen wie die progressive Muskelentspannung nach Edmund Jacobsen sehr hilfreich sein.“ Manche Kinder profitieren auch von Fantasiereisen, bei denen sie an schöne Erlebnisse denken.

Buch- und Webtipps

Ablenkung hilft oft bei leichteren Schmerzattacken, sinnvoll ist etwa Aktivität im Freien. Bei starken Kopfschmerzen und Migräneattacken tut es meist gut, sich in einem abgedunkelten, ruhigen Raum hinzulegen. Meist kommen dann aber auch kleine Patienten nicht um Medikamente herum. Von der zu häufigen Einnahme von Schmerzmitteln wie Ibuprofen – ohne ärztlichen Rat – wird jedoch gewarnt, denn „wenn Kinder und Jugendliche zu häufig Schmerzmittel nehmen, laufen sie Gefahr, Kopfschmerzen durch die Einnahme von Schmerzmitteln zu bekommen“, erklärt Ebinger.

Die Mutter von Hannes sucht noch immer nach möglichen Ursachen für das Leiden ihres Sohnes: „Manchmal weiß ich nicht, ob es ihm wirklich schlecht geht oder ob er einfach keine Lust auf die Schule hat.“ Die Empfehlung von Kinderarzt Ebinger: „Wenn ein Kind sagt, dass es Schmerzen hat, sollte man das auch glauben!“ Selbst wenn man sein Kind wegen Kopfweh von der Schule abholen musste und es dann später fröhlich draußen spielt, heißt das nicht, dass es vorher keine Schmerzen gehabt hat – sondern einfach nur, dass die Bewegung gutgetan hat. Ebinger: „Natürlich kann Stress in der Schule die Kopfschmerzen ausgelöst haben.“



Unsere Themen im Überblick

  1. Auch wir mussten in der Familie dieses Thema behandeln. Unser jüngster Sohn litt nach dem Wechsel von der Grundschule zur weiterführenden Schule unter starken Kopfschmerzen. Wir haben die Augen untersuchen lassen – alles ok. Unser Kinderarzt nahm vorsichtshalber Blut ab. Zum Glück war alles ok. Wir mussten daraufhin ein Kopfschmerzprotokoll führen, wann, bei welcher Gelegenheit und wie start der Schmerz auftrat. Das hat uns sehr geholfen. So konnten wir herausfinden, dass sein Kopfweh nur in der Schule sich bemerkbar machte. In der Klasse waren sehr auffällige und laute Kinder, das Verhalten konnte unser Sohn nicht verstehen, erst als ein paar Kinder die Klasse verlassen mussten und wir endlich eine erfahrene Lehrkraft bekamen, wurde es ruhiger und das Kopfweh ist bis heute weg. Schlimm, wenn Kinder so etwas mitmachen müssen. Vertrauen zum Kind ist das allerwichtigste – den Schmerz ernst nehmen. Uns hat es immer geholfen, bei solchen gesundheitlichen Abläufen, den Klassenlehrer mit ins Boot zu nehmen.

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