Wenn man in irgendeiner weiterführenden Schule in Deutschland danach fragt, was diese für den Klimaschutz macht, werden die Reaktionen wohl oft ähnlich sein. Natürlich sei das Thema wichtig, aber beim Klimaschutz in der Schule sei doch vielmehr die Stadt gefragt: alte Heizungen und betonierte Schulhöfe, da können wir nichts verändern. Außerdem ist es eine Ressourcenfrage: Die Lehrpläne seien schon zu voll, um sich angemessen mit dem Thema zu beschäftigen, da lagern wir es lieber in einer Klima-AG aus. Aber reicht das?
Klimaschutz in der Schule: Da muss doch mehr gehen!
Dass mehr möglich ist, erleben wir in unserem Projekt „Road to klimaneutrale Schule“ – und unsere Erfahrungen können sicher auch für andere Schulen nützlich sein. In dem Projekt begleiten wir insgesamt sechs weiterführende Schulen auf ihrer Reise zur Klimaneutralität und legen dabei einen Fokus auf die Schülerinnen und Schüler. Mit ihnen und der erweiterten Schulgemeinschaft entwickeln wir in Workshops Ideen, wie Klimaschutz an der Schule aussehen, und erarbeiten deren Umsetzung. Dabei gehen wir von folgenden Fragen aus:
- Welche Maßnahmen sind für Klimaschutz an eurer Schule besonders wirksam und begeistern euch?
- Welche Herausforderungen müssen bei der Umsetzung bedacht und gelöst werden?
- Wie kann Klimaschutz zum festen Bestandteil des Schulalltags werden?
Die Schülerinnen entwickeln dabei die unterschiedlichsten Ansätze: Zum Beispiel ist oft eine neue Heizung naheliegend, oder eine Photovoltaikanlage auf dem Schuldach. Aber man kann auch eine Fahrradreparaturwerkstatt an der Schule aufbauen oder den Schulhof mit mehr Pflanzen ausstatten. Um die hohen Emissionen des morgendlichen Pendelns zu reduzieren, könnte der Lehrkräfteparkplatz verkleinert werden. Oder die Betreibenden der Mensa werden mit dem Wunsch konfrontiert, klimafreundlichere Speisen anzubieten.
Der Weg zur Klimaneutralität ist ein Marathon und kein Sprint
Wichtig ist uns dabei – ganz im Sinne der Bildung für nachhaltige Entwicklung –, dass die Ideen und Entscheidungen von den Schülern ausgehen. Als Erwachsene können wir fachliche Hinweise geben oder unterstützen, wenn es um die Finanzierung der Ideen geht. Welche Maßnahmen jedoch auf welche Weise umgesetzt werden sollen und wen man um Hilfe fragen muss – das gestalten die jungen Menschen im Projekt maßgeblich selbst. So erfahren sie echte Selbstwirksamkeit.
Der zugrundeliegende Gedanke: Wenn Kinder und Jugendliche Klimaschutz aktiv gestalten lernen, befähigen wir deren Freunde, Familien und Lehrkräfte gleich mit und legen so den Grundstein für eine zukunftsfähige nachhaltige Generation.
Um dieses Ziel zu erreichen, setzen wir auf so genanntes „projektbasierten Lernen“: Dabei ist jede Maßnahme ein Projekt mit eigener Planung, Aufgabenteilung und regelmäßiger Reflexion. Dadurch sind die Erfolge der Teilnehmenden am Ende ihre eigenen, und die Schülerinnen bleiben langfristig motiviert. Der Weg zur Klimaneutralität ist ein Marathon und kein Sprint. Ganz wichtig: Auch das Scheitern kann dazu gehören.
Schulgemeinschaft und Träger einbeziehen
Tatsächlich geht die Umsetzung der geplanten Maßnahmen unserer Erfahrung nach oft mit einigen Herausforderungen einher. Das beginnt damit, dass Kinder und Jugendliche selten alles allein bewältigen können. Deshalb müssen die Beteiligten die Schulleitung, das Kollegium und oft auch die eigenen Eltern überzeugen, damit diese die Projekte unterstützen. Wie das gelingen kann, ist in jedem Einzelfall unterschiedlich. Gleichzeitig kann nie die ganze Schulgemeinschaft an der konkreten Umsetzung aller Maßnahmen mitwirken. Damit sich trotzdem alle eingebunden fühlen, sollten ihre Wünsche und Bedenken mit gezielten Aktivitäten und Informationen berücksichtigt werden. Diese können beispielsweise den Kontakt zu Expertinnen als Gastrednerinnen aufbauen, oder ihre thematischen und methodischen Wünsche an die Lehrkräfte weitergeben und gemeinsam an Unterrichtsinhalten arbeiten.
Für die ganz großen Veränderungen muss zudem der Schulträger bzw. die Kommune mitziehen, denn eine neue Heizung oder bessere Radwege kann die Schulgemeinschaft nicht allein bewirken. In der Planung der einzelnen Maßnahmen durch die Schülerinnen und Schüler kommt diese Herausforderung immer wieder auf: Es braucht organisatorische und oft auch finanzielle Unterstützung von oben. Diese Akteure mit in die Verantwortung zu ziehen und hartnäckig zu bleiben, ist daher zentral!
Trotzdem: ihre Mühlen mahlen oft langsam, und das kann zu Frustrationen führen. Gutes Erwartungsmanagement ist daher wichtig. Es wird nicht gelingen, eine ganze Schule in den zwei Jahren des Projektes auf links zu krempeln. Stattdessen sollten einzelne Maßnahmen umgesetzt werden, welche tatsächliche Erfolge zeigen und die Schülerinnen und Schüler dadurch motivieren, weiter zu machen. am Ende kann auf diese Weise Schritt für Schritt Klimaschutz zum festen Bestandteil des Schulalltags werden.
Wichtig ist hier auch, dass das Klima im Unterricht stattfindet. Eine Bandbreite an guten Ideen, wie sich in allen Fächern über das Klima sprechen lässt, ist von vielen Akteuren bereits erarbeitet worden. Diese Ideen müssen nur im Austausch mit den Lehrkräften dann auch ihren Weg in die vollen Lehrpläne finden. Dabei braucht das Kollegium Unterstützung, die auch von den Schülern ausgehen kann. Auch diese können zum Beispiel Kontakt zu Experten suchen oder ihre thematischen und methodischen Wünsche an die Lehrkräfte weitergeben und gemeinsam an Unterrichtsinhalten arbeiten. Die umgesetzten Klimaschutzmaßnahmen können zudem im Unterricht vorgestellt und besprochen werden.
Schulen müssen auf den Umgang mit dem Klimawandel vorbereiten
Bei allen Schwierigkeiten: Unsere Schulen werden gezwungen sein, sich in kommenden Jahren mehr mit dem Klimawandel und Maßnahmen dagegen zu beschäftigen. Die heutige Generation von Schülerinnen und Schülern wird mehr von dessen Auswirkungen betroffen sein als je eine Generation zuvor. Wir müssen sie daher in der Schule darauf vorbereiten, was sie erwartet – und vor allem müssen wir sie befähigen, aktiv an Lösungen für dieses Problem mitzuwirken.
Wir dürfen den Kindern und Jugendlichen nicht weiter suggerieren, dass sie erst etwas für den Klimaschutz tun können, wenn sie erwachsen sind, oder dass es nur um ihr eigenes Verhalten geht. Stattdessen sollten wir sie darin unterstützen, die notwendigen Kompetenzen zu erwerben, um bereits heute selbstwirksam ihre eigene Zukunft mitzugestalten.
Das braucht aktives Lernen darüber, wie demokratische Prozesse funktionieren, was effektiver Klimaschutz ist und wie schwierig und gleichzeitig motivierend es sein kann, Veränderungen herbeizuführen. Das ist nicht nur pädagogisch wertvoll, sondern dringend notwendig, damit die Lernenden gewappnet sind für die gesellschaftlichen Veränderungen, die ihnen noch in der Zukunft bevorstehen. Und wo könnte besser gelingen als im Schulumfeld?
Jede Schule wird ihren eigenen Weg finden müssen, sich dem Thema anzunehmen, denn jede Schule hat ihre eigenen Herausforderungen und Schwerpunkte. Wichtig ist, dass sie es angehen und die Rolle der Schülerinnen und Schüler dabei ernstnehmen.
Klimaschutz in der Schule – wie kann das gelingen? Fotos: Pixaby; privat