Braucht ein Bewerber für eine Ausbildung als Polsterer wirklich die mittlere Reife?
Formal gesehen braucht man für eine duale Ausbildung . . .
. . . die man früher Lehre nannte . . .
. . . überhaupt keinen Schulabschluss.
Und wenn ein Betrieb einen bestimmten Abschluss verlangt?
Wenn sich ein Jugendlicher für den Ausbildungsplatz interessiert, sollte er sich dennoch bewerben. Er könnte beispielsweise auch vorher ein Praktikum machen, damit der Betrieb ihn kennenlernt.
Jugendliche streben nach immer höheren Bildungsabschlüssen. Haben Eltern da nicht recht, wenn sie für ihre Kinder unbedingt das Gymnasium und ein Studium wollen?
Die OECD behauptet gern, Deutschland habe im Vergleich zu anderen Ländern zu wenig Akademiker. Man muss aber bedenken, dass einige Berufe, die in Deutschland eine Berufsausbildung voraussetzen, in anderen Ländern studiert werden. In Finnland etwa haben Kindergartenerzieherinnen oder Krankenpfleger einen Hochschulstempel. Besser ausgebildet sind sie deshalb nicht unbedingt. Nein, um später beruflich erfolgreich zu sein, muss man nicht zwingend das Gymnasium besuchen und danach studieren. Eltern, die um die Möglichkeiten unserer dualen Ausbildung in Betrieb und Berufsschule wissen, können sich entspannen.
Was ist so toll an einer Lehre?
Durch den praktischen Bezug haben auch solche Jugendliche eine Chance, denen das Lernen in der Schule schwerfällt. Das Arbeiten an realen Aufgaben gibt einen enormen Motivationsschub. Ein weiterer Vorteil ist die Ausbildungsvergütung von durchschnittlich 800 Euro im Monat. Außerdem sind mit einer Ausbildung die Chancen auf dem Arbeitsmarkt sehr gut.
Erfolgreich ohne Gymnasium
Regina Flake, Ausbildungsexpertin beim Institut der deutschen Wirtschaft in Köln, weiß, wie’s geht
Aber Akademiker verdienen besser.
Das kann man so pauschal gar nicht sagen. Das Gehalt ist stark abhängig vom Fachbereich. Es gibt durchaus Absolventen einer beruflichen Ausbildung, die mehr verdienen als mancher Akademiker. Außerdem ist eine duale Ausbildung ja auch keine Sackgasse. Während einer Ausbildung ist es durchaus möglich, einen Schulabschluss nachzuholen. Und auch die Möglichkeiten, sich nach der Ausbildung weiterzuqualifizieren, sind vielfältig. Über eine Aufstiegsfortbildung kann man beispielsweise einen Abschluss als Meister, Techniker oder Fachwirt erwerben. Selbst ein Studium ohne Abi ist drin.
Aber braucht man dafür nicht neben einer abgeschlossenen Ausbildung fünf, als Meister in der Regel drei Jahre Berufserfahrung?
Das System ist in den letzten Jahren immer durchlässiger geworden. So haben laut Beschluss der Kultusministerkonferenz aus dem Jahre 2009 Absolventen bestimmter beruflicher Aufstiegsfortbildungen wie z.B. dem Meister einen allgemeinen Hochschulzugang – ohne drei weitere Jahre Berufserfahrung. Absolventen einer Berufsausbildung erhalten hingegen in der Regel nach dreijähriger Berufserfahrung einen fachgebundenen Hochschulzugang. Vor der Zulassung zum Studium kann eine Hochschule jedoch noch eine erfolgreich bestandene Eignungsprüfung, ein Eignungsgespräch oder ein Probestudium verlangen. Wichtig ist, dass die Länder weitergehende Regelungen zum Hochschulzugang treffen können, so dass es je nach Bundesland und auch je nach Hochschule einige Unterschiede gibt.
Aber wie gesagt: Es muss auch gar nicht jeder studieren. Dass berufliche und akademische Bildung gleichwertig sind, ist mittlerweile auch formal verankert: So entsprechen berufliche Fortbildungsabschlüsse wie z. B. der Meister oder Techniker ebenso wie der Bachelorabschluss im deutschen Qualifikationsrahmen demselben Qualifikationsniveau. Die Botschaft von Bundesregierung, Ländern, der Bundesagentur für Arbeit, Wirtschaft und Gewerkschaften lautet: Die duale Berufsausbildung ist ein Erfolgsfaktor für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Daher ist es wichtig, junge Menschen für eine Ausbildung zu gewinnen und Unternehmen und Jugendliche zusammenzubringen.