Felix Neureuther, wie fit waren Sie als Kind?
Ich hatte schon als Kind einen sehr großen Bewegungsdrang. Unsere Eltern haben uns dies auch so vorgelebt, also war das für uns selbstverständlich. Ich bin jeden Tag mit dem Rad in die Schule gefahren, am Nachmittag haben wir draußen gespielt – Fußball, Höhlen bauen, auf Bäume kraxeln. Da gab es so viel zu erleben, auszuprobieren und zu entdecken. Und genau das lebe ich nun wiederum meinen drei Kindern vor.
Kinder und Jugendliche sind heute zu wenig aktiv. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
In meinen Augen gibt es zwei Hauptgründe. Zum einen die Digitalisierung: Die Kinder sitzen zu viel vor Smartphones, Tablets und Konsolen. Das ist für Eltern natürlich praktisch und einfach, weil die Kinder dann beschäftigt sind. So kommen wir auch zum zweiten Punkt: Viele Eltern beschäftigen sich aus verschiedenen Gründen leider zu wenig mit ihren Kindern. Sie nutzen aus geschäftlichen und privaten Gründen selbst viel ihr Handy und ihren Laptop und leben somit keine aktive Lebensweise vor. Natürlich sind heutzutage oft beide Elternteile berufstätig, aber gerade dann sollte man die geringe gemeinsame Zeit aktiv gestalten. Da geht es viel um Kleinigkeiten: Man kann superleicht kleine Spielchen und Wettbewerbe, die Kindern Spaß machen, zwischendrin einbauen. Dazu ist kein Equipment und noch nicht einmal besonders viel Platz notwendig. Nur ein bisschen Kreativität und Fantasie.
Wird der Grundstein für eine gesunde Entwicklung der Kinder im Elternhaus gelegt?
Absolut. Eltern sollten sich bei der gesunden Entwicklung nicht nur auf den Kindergarten oder die Schule verlassen. Sie selbst sind in der Pflicht. Dabei geht es nicht um sportliche Höchstleistungen, sondern um eine gesunde Basis, um einfache Sachen wie Purzelbäume, balancieren oder auf einem Bein hüpfen. Kinder passen sich der Lebensweise der Eltern an, sind die Eltern gesund und aktiv, sind es die Kinder höchstwahrscheinlich auch.
Welche Botschaft haben Sie für Eltern?
Es klingt vielleicht abgedroschen, aber der Spruch „In einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist“ ist absolut wahr. Mit meinem Bewegungsprogramm „Beweg dich schlau!“ bin ich regelmäßig in Schulen. Unser Ziel ist es, die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit der Kinder zu steigern, ihr Konzentrationsvermögen zu verbessern und zusätzliche Denk- und Gedächtnisprozesse zu initiieren. Das erreichen wir durch spielerische und kognitive Bewegungsübungen, die Kopf und Körper gleichzeitig aktivieren. Und wenn man sich aktiv und gesund fühlt, dann ist man allgemein auch glücklicher!
Wird der Schulsport heute vernachlässigt?
Definitiv. Heute ist Sportunterricht noch wichtiger als früher, aber immer mehr Stunden fallen aus oder werden gestrichen. Dabei wäre die Bewegung so wichtig, auch für die anderen Schulfächer, weil sich Kinder dann viel besser konzentrieren können und allgemein einfach leistungsfähiger sind.
Wie bringt man mehr Bewegung in die Schule?
Ich bin kein Pädagoge, aber ich kann mir vorstellen, dass man den Unterricht aktiver und somit für die Kinder interessanter gestalten kann. Statischer Frontalunterricht ist auf Dauer einfach langweilig. Auch Bewegung in anderen Schulfächern wie Mathe, Musik oder Geschichte sollte man einmal ausprobieren. Wieso nicht die Matheformeln mit Bewegungsabläufen verbinden? Bei „Beweg dich schlau!“ machen wir dies ständig. Das ist abwechslungsreich, macht Spaß und fördert die Konzentration. Man könnte in Biologie öfter rausgehen und die Natur erleben, anstatt Bäume und Pflanzen im Buch anzuschauen. Oder man macht in der Mitte der Stunde einfach mal einen Hampelmann. Da gibt es viele Möglichkeiten, und ich bin mir sicher, dass davon Lehrer und Kinder gleichermaßen profitieren können. In meinem „Beweg dich schlau!“-Programm gebe ich den Lehrkräften, aber auch Eltern ganz viele Anregungen und digitale Inhalte mit auf den Weg. Bewegung soll nicht nur im Sportunterricht erfolgen. Je mehr, desto besser.