Andrea Sawatzki, in dem Film „Hilfe, ich hab meine Eltern geschrumpft“ machen Sie als die kratzbürstige, strenge Schuldirektorin Hulda Ihren jungen Zuschauern ganz schön Angst …
Sie kommt aus einer anderen Zeit, in der es andere Erziehungsmethoden gab. Da galten Zucht und Ordnung, und wenn die Schüler nicht gespurt haben, gab’s mit dem Rohrstock eins auf die Finger. Aber weit kommt Hulda nicht mit ihrem diktatorischen Stil. Sie tappt von einer Falle in die andere. Damit wird das Furchteinflößende ziemlich entschärft.
Wie ging es in Ihrer Schule damals zu?
Ich ging gern zur Schule. Im Gymnasium hat sich bald herauskristallisiert, dass meine Begabungen ganz klar bei Sprachen, Musik, Sport und Kunst lagen, während ich in den naturwissenschaftlichen Fächern nicht so recht vorankam. Ich halte es für eine Schwäche in unserem Schulsystem, dass sich Schüler mit Fächern, die ihnen so überhaupt nicht liegen, bis zum Abitur oder bis kurz davor herumquälen müssen. Warum wird nicht dort mit der Förderung angesetzt, wo Begabungen und Neigungen offensichtlich sind?
Sie mussten von Ihrem elften Lebensjahr an Ihren an Alzheimer erkrankten Vater mitpflegen. Denn Ihre Mutter arbeitete nachts als Krankenschwester und musste sich tagsüber erholen. Wie hat sich das auf Ihr junges Leben ausgewirkt?
Die Zeit bis dahin war sicher nicht das, was man sich unter unbeschwerter Kindheit vorstellt. Ich finde es im Nachhinein bedauerlich, dass sich in der Schule niemand um meine Situation gekümmert hat. Ich musste funktionieren wie meine Mitschüler auch. Es hätte mir sicher gutgetan, wenn mich mal jemand beiseitegenommen und Unterstützung signalisiert hätte. Als ich 15 war, starb mein Vater.
Immerhin wurde Ihr schauspielerisches Talent erkannt …
Ich hatte einen wunderbaren Deutschlehrer, Herrn Müller. Er leitete bei uns am Gymnasium auch das Fach „Dramatisches Gestalten“. Herr Müller gab mir tragende Rollen, etwa in Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“. Ich habe mit großem Eifer geprobt, um bei der Aufführung das Beste aus der jeweiligen Rolle herauszuholen.
War das die Initialzündung für den Berufswunsch Schauspielerin?
Mehr oder weniger. Eigentlich wollte ich Tierärztin werden. Doch ich realisierte schnell, dass meine Schwäche in Naturwissenschaften diesem Berufswunsch im Wege steht. Herr Müller machte mir Mut, mich bei einer Schauspielschule zu bewerben. Das habe ich auch getan, aber zwei Jahre lang passierte gar nichts. Mit Kellnern, Nachhilfegeben und Putzen habe ich mich über Wasser gehalten. Dann wurde ich endlich von einer Schauspielschule angenommen. Die war zwar staatlich anerkannt, aber ich musste 300 D-Mark monatlich dazuzahlen. Also habe ich jede freie Minute gekellnert.
Ging es dann endlich los mit der Karriere?
Ich hatte nach dem Abschluss nicht gleich ein festes Engagement, schrieb 67 Bewerbungen, wurde achtmal zum Vorsprechen eingeladen und erhielt schließlich zwei Angebote. Ich nahm das vom Theater in Wilhelmshaven an.
Glauben Sie, dass Ihre beiden Söhne (18 und 15 Jahre) mal in Ihre Fußstapfen treten?
Beide sind künstlerisch begabt. Aber wohin die Reise letztlich geht, werden sie selbst bestimmen.
Andrea Sawatzki: „Eigentlich wollte ich Tierärztin werden“ Foto: Sophiek93 – CC BY-SA 4.0
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