Kinder lesen: Wie das die Konzentration fördert - Magazin SCHULE
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Bilder im Kopf: Wie Lesen die Konzentration fördert

In Texte eintauchen, in Geschichten versinken, das kann einem echte Hochgefühle bringen. Und das beste dabei: Man trainiert auch noch seine Konzentration! Warum Lesen für Kinder so wichtig ist – und wie der Einstieg gelingt


Eine Autofahrt in den Urlaub kann so anstrengend sein: Landstraße, Autobahn, Wann-sind-wir-da?, Toilettenpause, Weiterfahrt, Stau, Tankstopp, Wann-sind-wir-endlich-da?, Straßensperrung mit Umleitung kurz vorm Ziel … Da kommt man gerädert am Urlaubsort an. Dieselbe Autofahrt kann aber auch so kurzweilig sein, wenn man ein Buch in der Hand hat: 80 Seiten lesen, Toilettenpause, nochmal 80 Seiten lesen, Huch-sind-wir-schon-da? Cool, was machen wir heute noch?

Lesen ist schon eine faszinierende Tätigkeit. Es bringt uns dazu, in einer Geschichte förmlich zu versinken. Die Zeit vergeht wie im Flug, stundenlang können wir mühelos bei der Sache bleiben. Wenn das doch auch beim Lernen so so einfach wäre! Nun, tatsächlich hat das eine viel mit dem anderen zu tun: Denn Lesen und Konzentrieren befördern sich gegenseitig.

Lesen fördert die Konzentration – und das liegt am Arbeitsgedächtnis

Keine andere geistige Tätigkeit trainiert unsere Konzentrationsfähigkeit so gut wie das Lesen. Während wir Wörter auf Buchseiten oder in Bildschirmtexten entschlüsseln, ist unser Kopf mit vielen Dingen gleichzeitig beschäftigt: Unser Gehirn beschäftigt sich mit Sprache und Satzbau, und den Text zu entschlüsseln; es aktiviert sein eigenes Vorwissen, um den Sinn zu verstehen; es speichert neue Erkenntnisse und verbindet sie mit Emotionen. Dieser komplexe Vorgang erfordert viel Aufmerksamkeit, belohnt uns dafür aber in günstigen Fall durchgängig mit Spannung – und trainiert daher die Konzentration optimal.

Grundlage dafür ist unser Arbeitsgedächtnis: Beim Lesen speichert es das Gelesene im Gehirn zwischen. Nur dann kann man verstehen, was die aneinandergereihten Wörter im Buch bedeuten. Je mehr unser Arbeitsgedächtnis aber gefordert wird, umso besser lernt man, sich zu konzentrieren – denn auch hierfür ist ein guter Arbeitsspeicher notwendig.

Dieses Konzentrationstraining funktioniert, wenn Kinder still Texte lesen, und mindestens ebenso gut, wenn sie etwas laut vortragen. Lesen trainiert die Konzentration aber auch, wenn man einem Vorleser lauscht: Denn auch das Zuhören ist kein passiver Zustand. Man muss sehr aufmerksam sein, um der Handlung folgen zu können. Und ebenso wie das Selbstlesen erzeugt auch das Zuhören innere Bilder, welche die Fantasie anregen und den Kopf weiter beschäftigen.

Bücher im Vorteil: Lange Texte wirken besser

Im Prinzip ist beim Lesen der Inhalt nicht entscheidend – wichtig ist vor allem, dass das Kind motiviert ist, ihm zu folgen. Nur dann kann es ihm gelingen, in einer Geschichte oder einem spannenden Text zu versinken. Ob Feen oder Piraten, Harry Potter oder Tribute von Panem: Es muss keine Nobelpreis-verdächtige Literatur sein, damit Lesen sinnvoll ist und die Konzentration steigert. Hauptsache, das Kind liest. (Was bei der Leseförderung in vielen Schulen falsch läuft, steht hier.)

Allerdings wirken Bücher oder Zeitschriften um einiges besser als das Internet. Denn Buch- und Heftseiten verändern sich nicht so schnell wie wie Websites, sie haben keine blinkenden Banner oder klingelnden Benachrichtigungen, die einen aus dem Lesefluss reißen. Indem Schülerinnen und Schüler längere Texte lesen, beschäftigen sie sich ausdauernd mit demselben Gegenstand. Dabei lernen sie, Ablenkungen zu widerstehen, denn sonst verliert man den roten Faden der Geschichte und kann komplexen Gedankengängen nicht mehr folgen. Das ist eine hervorragende Konzentrationsübung.

Mehr Konzentration, mehr Spaß: Tipps für leichteres Lesen

Leider wirkt diese Abhängigkeit auch andersherum: Ist ein Ablenkungsreiz zu stark, unterbricht er die Konzentration – und damit den Lesefluss. Vielen Kinder finden dann nur schwer in die Geschichte zurück – oder, wenn ihnen die Konzentrationsfähigkeit fehlt und sie sich sehr leicht ablenken lassen, gar nicht erst hinein. So verlieren sie schnell die Lust am Lesen.

Folgende Tipps helfen gerade ungeübten Lesern, in Texte hineinzufinden:

  • Wenn Bücher immer sichtbar in Reichweite sind, greifen Kinder gern dazu.
  • In ruhigen, ablenkungsarmen Ecken liest es sich leichter.
  • Nicht überfordern. Viele Kinder gelangen über kurze Texte wie Comics, Witze oder Scherzfragen zum längeren Lesen.
  • Erste größere Geschichten kann man gut im Wechsel lesen: ein Stück das Kind, ein Stück das Elternteil. Den Part des Kindes langsam steigern.
  • Vielfältiges Lesematerial anbieten: -Bücher, Comics, Kinderzeitschriften … Wichtig sind zum Alter und den Interessen des Kindes passende Themen.

Mehr Tipps, wie Eltern ihre Kinder zu Lesen motivieren können, haben wir hier zusammengestellt.

Extratipp Kofferpacken:

Texte auswendig zu lernen, ist in der Schule etwas aus der Mode gekommen. Zu Unrecht: Denn etwas wiederholt zu Lesen, es sich einzuprägen und schließlich – möglichst engagiert – vorzutragen, trainiert die Konzentration ungemein. Eine Variante, die Kindern meist besser gefällt als Goethes Gedichte zu büffeln, ist das klassische „Ich packe meinen Koffer und nehme … mit“: Dabei müssen die Mitspielenden reihum jeweils zunächst die bereits genannten Gegenstände nennen und dann einen weiteren hinzufügen. Dass man dabei die bisherigen Gegenstände auswendig lernt und sich ziemlich konzentrieren muss, fällt dank des Spielansporns kaum auf.

Wie Lesen die Konzentration fördert – Foto: Freepik



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