Die Ratgeberin
Auch Verena Steiner, Seminarleiterin und Referentin für Lern-, Denk- und Arbeitsstrategien sowie Autorin von „Konzentration leicht gemacht“ (Piper Taschenbuch) geht mit Störreizen souverän und selbstbewusst um. Muss Steiner konzentriert arbeiten, erhalten Kontaktsuchende automatisch Nachricht: „Wegen der Arbeit an einem Manuskript kann ich die Mails nur einmal wöchentlich bearbeiten und bitte um Verständnis.“
Ein solches Vorgehen ist clever. Wenn man weiß, dass Arbeitnehmer nach einer Unterbrechung durch eine Mail ganze 15 Minuten brauchen, um sich wieder voll auf ihre Aufgabe zu konzentrieren, wird einem flau bei dem Gedanken, dass viele Schüler bei den Hausaufgaben ständig online sind.
Konzentration bedeute, die Aufmerksamkeit derart auf eine Aufgabe zu richten, dass man sie optimal ausführen kann, sagt Ratgeberin Steiner. Wenn jedoch eine Aufgabe als langweilig oder als zu schwierig empfunden wird und es an der nötigen Motivation fehlt, braucht es Selbstdisziplin.
Wie Eltern helfen können
Grundsätzlich Interesse für Schule und Lernen zeigen, aber keinen Druck, keine Drohkulisse aufbauen. Das Lesen fördern!
Für Ruhe beim Lernen sorgen. Telefon ausstellen, lärmende Geschwister beschäftigen etc.
Beim Lernen zusammen mit dem Kind bewusst auf die Konzentration des Kindes achten. Unmittelbares Feedback geben, wenn die Aufmerksamkeit nachlässt: z. B. „Achtung, konzentrier dich wieder.“
Die Anstrengungsbereitschaft des Kindes loben. „Hast du gemerkt, wie lange du es heute geschafft hast, ruhig am Tisch zu sitzen? Einfach toll!“
Erfolg ermöglichen. In der Klasse lösen meist alle Schüler dieselben Aufgaben. Daheim kann man darauf achten, dass ein Kind die richtigen Aufgaben bekommt: nicht zu leicht, nicht zu schwer.
Die Macht der Wiederholung nutzen. Beim Auswendiglernen von Vokabeln etwa ein Wort so lange abfragen, bis es sitzt.
Geduld zeigen. Nicht zu laut sprechen. Und vor allem: nicht zu schnell.
Alles, was dem Menschen derart zur Gewohnheit wird, dass es ihm wie etwa das Zähneputzen nicht mal mehr lästig fällt, erledigt er ohne große Selbstdisziplin. Aus diesem Grund sind beim Lernen ritualisierte Abläufe (siehe Seite 50) und eine geeignete Umgebung sehr hilfreich: Sie fördern die Konzentration. Unterstützend wirken außerdem konkrete Ziele, eine ehrliche Selbstreflexion („Was will ich?“ „Was ist das Beste, das ich momentan tun kann?“), ein unterstützendes Umfeld sowie der Aufbau von Interesse und Autonomie. Statt „ich muss“ oder „der Lehrer will“, hilft es enorm, die Aufgabe zur Chefsache zu erklären: „Ich will!“
Richtig verstandene Disziplin, schwärmt Steiner, sei nicht nur beim Lernen der Schlüssel zum Erfolg, sondern das Rückgrat einer selbstbestimmten Lebensführung. Auch wenn es für einige paradox klingt: Selbstdisziplin gibt Menschen die Freiheit, sich für eine anstrengende oder eine leichte Option zu entscheiden, statt willenlos den Verlockungen ausgeliefert zu sein. Bei Stress und anderer Überbeanspruchung kann die Selbstdisziplin allerdings rasch erlahmen. Deshalb gilt auch beim Lernen: sich nicht zu viel auf einmal zumuten, sondern realistische Etappenziele setzen.
Ein letzter Tipp?
Unser Hirn liebt konkrete Aufgaben, sagt Steiner. Wenn man die Zeit limitiert und dem Hirn derart viel zu tun gibt, dass es nichts anderes denken kann, kommt die Konzentration von selbst. Zum Beispiel: „In zehn Minuten will ich diese Liste von Vokabeln in- und auswendig gelernt haben.“ Oder: „Ich gebe mir eine Viertelstunde, um diesen englischen Witz zu lesen und ihn derart einzuüben, dass ich ihn fließend nacherzählen könnte.“