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Das macht mich sauer!

Basische Ernährung für Kinder? Ja, sagen Experten – denn schon Kinder und Jugendliche seien übersäuert. Verantwortlich sind die üblichen Verdächtigen: Fast Food, Soft Drinks und Süßigkeiten


Wenn im Chemieunterricht der erste Tropfen Säure zischend verdampft oder im Experimentierkasten ein Lackmus-Streifen auftaucht, stellen Lehrer wie Schüler nur selten einen Bezug zum eigenen Körper her. Dabei wäre es spannend zu erfahren, was der Organismus alles anstellt, um den Körper vor Übersäuerung zu schützen. Wie er es schafft, das Säure-Basen-Gleichgewicht und den richtigen pH-Wert des Blutes zwischen 7.38 und 7.42 zu halten. Für die Gesundheit ist das so wichtig wie eine konstante Körpertemperatur von 37 Grad.

Ein übersäuerter Organismus benötigt große Mengen an Mineralstoffen, um die Säure zu neutralisieren – und räubert seine Depots aus Knochen, Knorpeln, Zähnen, Organen und Blutgefäßen. Gefährlich gerade bei Kindern und Jugendlichen: In frühen Jahren wird die Basis für die spätere Knochen- und Zahngesundheit gelegt.

Zu dumm, dass das Säure-Basen-Gleichgewicht des Körpers entgegen unserer Intuition funktioniert: Zitrone zum Beispiel ist zwar auf der Zunge und im Magen sauer. Wenn sie verdaut wird, wirken ihre Substanzen jedoch basisch – also Säure hemmend. Und Zucker schmeckt zwar süß, doch er macht den Körper sauer – erst recht in Kombination mit kohlensäurehaltigen Getränken.

Langfristig sollten basische und säurebildende denselben Anteil haben

Kinder und Jugendliche, die viele Soft Drinks, Süßigkeiten und häufig Fast Food zu sich nehmen, tendieren deshalb zu einer leichten Übersäuerung, stellte das Dortmunder Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKE) bei Messungen fest. Betroffen sind vor allem die Jungs: Sie essen noch weniger Gemüse und Obst als Mädchen. Basische Ernährung wirkt dem entgegen.

Übersäuerung folgt einem komplizierten Ablauf: Die im Blut gelösten Substanzen setzen Ionen frei, deren Konzentration man in Form des pH-Wertes misst. Ein pH-Wert von 7 bezeichnet den Wert für ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Säuren und Basen. Je kleiner die Zahl ist, desto saurer wird das Milieu, mit jedem Schritt um das Zehnfache.

Im Idealzustand ist das Blut leicht basisch. Ändert sich das, wird der Stoffwechsel empfindlich gestört – schon geringe Veränderungen können lebensbedrohend sein. Der Körper hält jedoch verschiedene Puffersysteme parat, um das zu verhindern. Zum Beispiel die Atemfrequenz: Ist das Blut zu sauer – etwa durch Überanstrengung beim Sport –, wird von den roten Blutkörperchen weniger Sauerstoff gebunden. Wir müssen rascher atmen. Das hat einen intensiveren Ausstoß von Kohlendioxid zur Folge, was den Säuregehalt des Blutes wieder sinken lässt.

Ursachen für Übersäuerung

  • Falsche, einseitige Ernährung

    Viele Lebensmittel, die Säure bilden, sollten auch aus anderen gesundheitlichen Gründen reduziert werden. Das gilt für Fleisch, Weißmehl, Fast Food, Soft Drinks und Süßigkeiten.

    Richtig kombinieren

    Lebensmittel, die Säure erzeugen, immer mit basischer Nahrung neutralisieren.

  • Zu wenig Flüssigkeitszufuhr

    40 Liter Wasser enthält der Körper, davon 15 Liter im Bindegewebe und außerhalb der Zellen, 25 Liter in den Zellen. Dieses Wasser muss immer wieder ersetzt werden.

    1170 ml pro Tag Flüssigkeitszufuhr benötigt etwa ein Kind zwischen zehn und 13 Jahren.

  • Stress

    Wut, Ärger und Stress machen „sauer“ – sie verändern den Stoffwechsel. Wer dabei auch noch hyperventiliert, verstärkt den negativen Prozess.

    Bewegung und Atmung

    Körperliche Belastung beschleunigt das Ausscheiden von sauren Abfallprodukten. Es verringert den Kohlendioxid-Anteil im Blut und neutralisiert so Säure. Das Gleiche gilt für Atemübungen. Schwitzen reinigt Haut und Bindegewebe.

  • Chronische Krankheiten

    Asthma, Diabetes, Rheuma oder chronische Darmentzündungen verändern das Säure-Basen-Gleichgewicht zum Negativen.

    Basenreiche Ernährung

    Bei diesen Krankheiten sollte besonders auf einen geringen Säureanteil geachtet werden.

Eigentlich ist es Aufgabe der Niere, die überschüssige Säure im Körper abzubauen und mit dem Urin auszuscheiden. In der Jugend arbeitet sie noch mit voller Leistung. Doch mit zunehmendem Alter und je nach Intensität der Übersäuerung kann sie überfordert sein. Dann werden saure Stoffwechselprodukte in Fett- und Bindegewebe abgelagert. Die Existenz solcher „Schlacken“, an welche die Naturheilkunde fest glaubt, ist von Schulmedizinern lange Zeit bezweifelt worden. Auch die Frage, ob ein Säureüberschuss wirklich den Boden für viele chronische Krankheiten wie Osteoporose, Bandscheibenleiden, Arteriosklerose bereitet, ist nicht bewiesen und deshalb noch umstritten.

Immerhin ist weitgehend anerkannt, dass das Bindegewebe eine wichtige Rolle als Transportmedium für Nähr- und Abfallstoffe spielt, da die Blutgefäße nicht bis direkt an die Zellen reichen. Ihre Fracht wandert also durch das Bindegewebe, gefiltert von Kollagenfasern an Eiweißmolekülen, die durch die Säure beschädigt werden.

Die Ernährung sei entscheidend, glaubt die Alternativmedizin. Was wir essen, trage zum Säure-Basen-Haushalt des Körpers und damit auch zu einem gesunden Bindegewebe bei. Als schädlich gelten Zucker, Milchprodukte, Getreide, Kaffee, Tee und kohlensäurehaltige Getränke, auch Nikotin und Alkohol: Sie übersäuern den Körper. Gemüse und Obst, Dinkel, Hirse und Buchweizen wirken hingegen basisch. Natürlich sollen nicht alle sauer wirkenden Lebensmittel gemieden werden. Einige von ihnen – wie Milch, Müsli, Vollkornbrot oder Hülsenfrüchte – sind ausgesprochen gesund.

Saure und basische Lebensmittel - Magazin SCHULE

Der Körper braucht ein ausgewogenes Verhältnis von Säuren und Basen, und der Weg dahin erfordert nicht einmal viel Aufwand. Erste Maßnahme gegen Übersäuerung: ein Vollkornbrot, dick mit frischen Gurkenscheiben belegt.



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