Barbara Eligmann, mit dem Lernen haben Sie schon aus Ihrer früheren Wissenschaftsshow „Clever“ Erfahrung. Wobei es damals bei den Experimenten mitunter ziemlich krachte und knallte . . .
Ja, das war Lernen mit viel Krawumm (lacht)! Ich dachte, das sei für mich die Mega-Nachhilfe in Naturwissenschaften. Aber die Schlagzahl – einen Tag Probe, einen Tag Sendung – war so hoch, dass ich am Ende der Staffel nicht mehr wusste, worum es anfangs gegangen war. Ein Beispiel: Meine Mutter musste einen Blutfleck aus ihrer Jacke entfernen. Ich habe recherchiert und in einem Hausfrauenforum diesen Eintrag gefunden: „Nehmen Sie Aspirin (das hab ich bei ,Clever‘ gesehen)“. Hätte ich doch wissen müssen! Aber die Dinge brauchen eine gewisse Wiederholung, bis sie in der Birne bleiben.
Also muss es nicht immer Krawumm sein?
Nein. Auch wenn es schwer zu akzeptieren ist: Manchmal muss man still im Zimmer sitzen, Dinge aufschreiben und später wieder angucken. Das ist überhaupt nicht sexy, aber die Realität. Experimente und Erlebnisse sind spannend, wichtig und gehören zur guten Mischung. Aber ich habe noch keinen Weg gefunden, wie man zu 100 Prozent mit Krawumm lernen kann.
Sie haben selbst drei Kinder. Wie vermitteln Sie denen etwas, das sie nicht wissen wollen? Manche Eltern werden da ja recht kreativ . . .
Die würde ich gern mal treffen! Im Ernst: Fürs Vokabelnlernen haben wir ein Computerprogramm, ich frage auch ab oder lasse beim Autofahren Wörter buchstabieren. In den USA gibt es sogenannte „Spelling Bees“: Das sind Wettbewerbe, bei denen Kinder korrekt und so schnell wie möglich schwierige Wörter buchstabieren sollen. Dabei muss man sich den Begriff innerlich vor Augen führen, das fördert die Konzentration und natürlich die Rechtschreibefähigkeit. Oder wir üben unterwegs Kopfrechnen – hört sich nach schrecklichen Autofahrten an, oder? Geht aber auch spielerisch.
Was lernen Sie von Ihren Kindern?
Dass man auch mal fünfe gerade sein lassen muss. Ich wollte zu Schulzeiten immer alles richtig machen und hatte Versagensängste – die haben meine Kinder nicht, das finde ich gut.
Jeder will heute ein Einser-Abitur. Dieses Hetzen und Hecheln führt dazu, dass man die Jetzt-Zeit gar nicht mehr genießen kann
Wenn Sie Ihre Schullaufbahn mit der Ihrer Kinder vergleichen: Muss man konform sein, um Erfolg zu haben?
Ich war es und merke, dass meine Kinder es auch manchmal sind. Ich versuche zu glätten im Sinne von: „Reg dich nicht auf!“ Mein Sohn geht jetzt in die elfte Jahrgangsstufe. Wenn der mit einer schlechten Note nach Hause kommt, sollen wir dann heulen? Das ist doch Unsinn. Zu meiner Zeit war ein Einser-Abitur die Ausnahme. Heute soll es die Regel sein. In vielen Leistungskursen beschäftigt jeder eine Art Coach, der ihn zu Höchstleistungen treibt, weil die Eltern glauben, mit einem Schnitt über 1,5 oder gar 1,3 wären die Studienmöglichkeiten begrenzt. Dieses Hetzen und Hecheln führt dazu, dass man die Jetzt-Zeit gar nicht mehr genießen kann.
Ist der Druck in der Bildung zu hoch?
Es gibt eine ziemliche Verunsicherung bei den Eltern, man hat große Angst, Dinge falsch zu machen. Und den Druck, in dieser Lebensphase alles zum Gelingen zu bringen. Wir hören dauernd, dass Deutschland bildungsmäßig von links und rechts überholt wird. Ich versuche, mich auf mich selbst zu besinnen, und denke, das läuft schon alles.
Wie sähe die ideale Schule aus?
Die Kinder würden bis zur sechsten Klasse zusammenbleiben und individueller gefördert, bevor sie auf die weiterführende Schule gehen. Dann würde ich den Lehrplan entrümpeln, ihn viel praktischer und lebensnaher gestalten, verbale Fähigkeiten stärker fördern und Charakterbildung. Und solche Schulen gäbe es von Flensburg bis Passau. Diese Kleinstaaterei ärgert mich so sehr! Ich habe gelesen, dass es bei uns so viele Rechtschreib-Förderprogramme gibt, dass keiner sie alle kennt. Was für ein Quatsch! Ich bin kein Feind des Föderalismus, aber bildungsmäßig sollte zwischen den Ländern kein Unterschied bestehen. Von Köln nach München umzuziehen ist schultechnisch kaum machbar: Da müsste fast jedes Kind ein Jahr zurückgehen, um den Anschluss zu kriegen. Das ist doch unfair. Immer mehr Politiker trauen sich, das anzusprechen, denn dieser Apparat kostet ja auch unheimlich viel Geld. Und ich muss die Schule putzen . . .
Wie bitte?
Lustig, oder? Ja, ich putze einmal im Halbjahr den Klassenraum. Woanders geben die Eltern Geld dafür, bei uns schrubbt die Mutter noch selbst: Die Putzkolonne macht nur den Boden, also sind wir alle paar Wochen mit der Grundreinigung dran. Es ist übrigens angenehmer, einen (eigenen!) Staubsauger mitzubringen, dann muss man nicht in diesem Dreck rumfeudeln.
VITA
Barbara Eligmann, 51, studierte nach dem Abitur ein Semester Wirtschaftswissenschaften („Das war ja gar nix!“) und kam nach ihrem Volontariat beim Bielefelder „Westfalen-Blatt“ zum Fernsehen. Von 1992 bis 2000 war sie Moderatorin und Redaktionschefin des RTL-Boulevardmagazins „Explosiv“. Es folgten verschiedene Formate, darunter bei Sat.1 von 2004 bis 2008 „Clever! Die Show, die Wissen schafft“, die sie mit Wigald Boning moderierte. Mit ihrem Mann, einem RTL-Redakteur, zwei Söhnen und einer Tochter lebt sie in Köln.
Wie hoch ist der Medienkonsum in einem Haushalt, in dem die Eltern fürs Fernsehen arbeiten?
Diese Frage stellt sich mir jeden Tag (lacht). Natürlich sind wir eine fernsehaffine Familie. Viele Leute gaukeln ihren Kindern vor, es gäbe gar kein Fernsehen – auch gern welche, die bei Kindersendern arbeiten. Da denke ich: Wie bigott ist das denn? Die eigenen Kinder dürfen nicht, andere sollen, ja müssen das bitte gucken, damit die Werbung gebucht wird. Ich versuche, die TV-Zeit der Kinder zu reduzieren und sie Sachen gucken zu lassen, die ich gut finde. Funktioniert natürlich überhaupt nicht: Bei meinen Eltern guckt der Jüngste Zeichentrickserien rauf und runter. Aber das bringt ihn nicht um. Meine 13-jährige Tochter ist Fan von „Grey’s Anatomy“. Sie tut viel für die Schule, sie macht Sport – hab ich mehr davon, wenn sie malt? Nee, dann soll sie das halt mal anschauen.
Welchen Plan haben Sie für die Zeit, wenn Ihre Kinder aus dem Haus sind?
Ich werde auf jeden Fall wieder arbeiten, weiß aber noch nicht, was. Planen ist schwierig, es kommt sowieso immer anders. Fernsehen zum Beispiel hatte ich nie im Visier, ich war zufrieden bei meiner Lokalzeitung. Ich wollte keine Kinder, jetzt habe ich drei. So! Der Große verlässt bald das Nest – und ich habe die Hoffnung, dass wir ihm dann so viel mitgegeben haben, dass er sein Leben gut angehen kann. Ob er leidenschaftlicher Bäcker wird, studiert oder eine Lehre macht, ist mir egal. Hauptsache, das, was er macht, macht er gut, und es macht ihn glücklich. Das gilt auch für die anderen. Und ich muss mich einfach wieder von mir selbst überraschen lassen und gucken, was kommt.