Kinder, das wissen alle Eltern, sind sehr neugierig. Schon als Baby fangen sie an, den eigenen Körper zu erforschen, das ist ganz natürlich und Teil einer normalen, gesunden Entwicklung.
Lange bevor die Schule mit Aufklärungsunterricht beginnt, kommen dann die ersten Fragen: „Warum hat mein Bruder einen Pimmel und ich nicht?“ „Mama, warum hast du denn da Haare?“ Das lässt sich ja noch unkompliziert beantworten – bei anderen Fragen kommen viele Eltern schon mehr in Verlegenheit und beginnen, sich zu winden. Aber wenn wir wollen, dass unsere Kinder uns mit Respekt begegnen, müssen wir Eltern sie auch respektvoll behandeln. Das geht nur, wenn wir ihre Fragen ernst nehmen und sie ehrlich beantworten. Auch und gerade die Fragen zur Sexualität. Das kann früh beginnen.
Neulich fragte meine vierjährige Tochter: „Mami, wie entstehen Babys?“ „Die Samenzelle des Vaters muss die Eizelle der Mutter befruchten, dann kann daraus ein Baby wachsen“, antwortete ich etwas abwesend, gerade mit Zähneputzen beschäftigt. Bei der Antwort meiner kleinen Tochter war ich dann aber schlagartig aufmerksam. „Ha, Mami“, sagte sie triumphierend und stolz auf ihr Wissen, „und dafür muss der Penis vom Mann in die Scheide der Frau! Ha!“ „Richtig“, antwortete ich völlig überrascht, und dann grinsten wir uns an.
Wenn Kinder Fragen stellen, deren Beantwortung uns unangenehm ist, können wir natürlich wie Generationen von Eltern vor uns reagieren – also entweder gar nicht antworten oder aber ausweichend irgendwelche Geschichten von Bienchen und Blümchen erzählen.
Verhalten wir uns damit in den Augen unserer Kinder glaubwürdig? Haben wir denn den Erwachsenen damals den Quatsch abgenommen? Nein! Und wir selbst haben doch als Kleine die Unsicherheit der Erwachsenen sofort gespürt. Mit solchen Ausweichmanövern bringen Eltern ihren Kindern nur bei, dass auch die Großen gelegentlich unehrlich sind. Wir Großen brauchen uns also nicht zu wundern, wenn Kinder uns ihrerseits auch ohne schlechtes Gewissen beschwindeln.
Lasst uns das elterliche Vorrecht auf Sexualerziehung nutzen – mit Empathie und Humor!
Zu einer ernst gemeinten Aufklärung muss wirklich kein langer Vortrag gehalten werden. Häufig reicht schon ein erläuternder Satz: „Ja, auch Papi und ich haben Sex gehabt, um dich zu bekommen.“ Es ist wichtig, kleine Jungen und Mädchen früh und altersangemessen aufzuklären. Vor allem, weil wir unsere Kinder so gegen sexuelle Übergriffe anderer, seien es andere Kinder oder Erwachsene, stark machen können! Gerade mit der Einschulung gewinnen Kinder ein hohes Maß an Selbstständigkeit. Sie dürfen sich meist zum ersten Mal unbeaufsichtigt im Straßenverkehr bewegen, und sie müssen sich auf dem Schulhof behaupten können. Überall treffen sie auf Fremde. Es ist wichtig, dass sie sich dann bereits abgrenzen können.
Nur wenn Kinder wissen, wie ihr Körper aufgebaut ist, wenn sie wissen, wie Kinder entstehen und geboren werden, wenn sie wissen, dass es Dinge gibt, die Erwachsene mögen, die für Kinder aber schmerzhaft sind, wenn sie wissen, dass keiner an ihren Körper darf, solange sie das nicht wollen, nur dann können sie mit dem nötigen Selbstvertrauen anderen Grenzen setzen und sich selbst besser schützen.
Kinder, die mit der Einschulung nicht schon über die Grundlagen von Sexualität und die richtige Benennung der Geschlechtsorgane Bescheid wissen, laufen zudem Gefahr, zum Gespött der Klasse zu werden. „Mein Pimmelmännchen tut mir weh, weil mich der Marlon getreten hat“ – diese Klage wird auch schon in der ersten Klasse für mehr Lacher als Mitgefühl sorgen.
Lasst uns das elterliche Vorrecht auf Sexualerziehung nutzen! Mit Empathie und Humor ist Aufklärung keine komplizierte Sache. Sie schafft Vertrauen zwischen Eltern und Kindern. Im Kindergarten ist Sexualkunde kein Thema, und in der Grundschule erfolgt sie oft zu spät, manche Mädchen haben da schon ihre Regel. Die Angst, sterben zu müssen, weil die erste Blutung eingesetzt hat, muss doch heute keinem Mädchen mehr zugemutet werden, oder?
Wie viele Elternhäuser machen aber leider nichts`?