Julie packt gut gelaunt ihr Schulheft in den Tornister. „So“, sagt sie. „Fertig mit Hausaufgaben.“ Ihre große Schwester Annika schaut neidisch von ihrem Französischbuch auf. „Du hast es gut. Aber warte ab! Wenn du nach den Sommerferien aufs Gymnasium gehst, sitzt du auch irgendwann stundenlang über den Hausaufgaben und musst tausend Vokabeln üben!“ Der Übergang von der Grundschule zur weiterführenden Schule, er wirft bei uns schon seinen Schatten voraus auf den Wohnzimmertisch.
Es ist ja tatsächlich ein großer Schritt, wenn Kinder die Grundschulzeit hinter sich lassen. Die Schülerinnen und Schüler werden aufgeteilt und besuchen unterschiedliche Schulformen. Sie kommen in neue Klassen und müssen vielleicht dort neue Freunde finden. Und die Anforderungen an der weiterführenden Schule könnnen auch ganz anders sein als in der Primarstufe – vor allem, wenn es am Gymnasium weitergehen soll.
Nach dem Wechsel steigt der Arbeitsaufwand deutlich
So wie für Julie. Unsere Jüngste blickt nach dem Wutausbruch ihrer großen Schwester jetzt erschrocken drein. Bisher erledigt sie ihre Hausaufgaben blitzschnell und mühelos. Vor Mathe- und Deutscharbeiten reichen die Übungsblätter, die ihre Lehrerin zur Vorbereitung aufgibt. Die Tests in Englisch und Sachkunde sind in der Grundschule noch unbenotet und vom Umfang übersichtlich. Leider hat Annika recht: Wenn Julie nach den Sommerferien von der Grundschule auf das Gymnasium wechselt, wird der Arbeitsaufwand definitiv ansteigen und sie vor neue Herausforderungen stellen.
Der Übergang zur weiterführenden Schule fällt manchen Kindern leichter und anderen schwerer
Annika, die nach den Sommerferien die achte Klasse besuchen wird, brauchte schon in der Grundschule in Mathe zusätzliche Übungseinheiten. Sie hat recht bald sehen müssen, dass es bei ihr ohne Anstrengung und Fleiß nicht läuft. Interessanterweise war das für den Übergang auf die weiterführende Schule ein Vorteil: Diese Erfahrung kam ihr nach dem Wechsel zugute. Wie selbstverständlich übertrug sie ihre erlernte, disziplinierte Arbeitseinstellung auf sämtliche Schulfächer.
Dennoch war die erste Zeit für sie eine Umstellung. Die vielen unterschiedlichen Lehrkräfte; die neuen unbekannten Fächer; Aufgaben, die erst zur Folgewoche fertig werden mussten und so schnell in Vergessenheit gerieten. Eltern sollten da im ersten Jahr unbedingt noch den Durchblick behalten: Sich selbst zu organisieren will erst gelernt werden, und dabei sollten die Eltern das Kind begleiten. So funktioniert es dann auch später, etwa gegen Ende der sechsten Klasse, wenn ein Teenager keinen Eingriff mehr in seine Angelegenheiten wünscht. Spätestens dann sollte eine gewisse Selbstständigkeit vorhanden sein.
Tipps für die Eingewöhnungszeit an der weiterführenden Schule
Annikas Schule verwendet schuleigene Aufgabenplaner. Fünft- und Sechstklässler müssen diese wöchentlich, von den Eltern unterzeichnet, den Klassenlehrkräften vorlegen. Das hat sich bewährt. Ein Aufgabenplaner ist neben anderen nützlichen – und vor allen Dingen coolen – Schulmaterialien ein sinnvolles Geschenk für den Neustart.
3 Checks für einen gelungenen Übergang zur weiterführenden Schule
Gut vorbereiten
Vorbereitung erleichtert den Start. Gibt es in der neuen Schule ein Kind, das du schon kennst? Wollen wir den neuen Schulweg vorher ein paarmal abfahren? Und machst du dich nach den Ferien lieber alleine oder mit einer Klassenkameradin auf den Weg?
Gut fragen
Wie verbringst du die Pausen? Wer sitzt neben dir? War heute etwas besonders lustig? Oder besonders doof? Was hat dir gefallen? Mit strategisch gesetzten Fragen entlockt man auch mundfaulen Kindern ein Gespräch und
erkennt frühzeitig, wenn es Probleme gibt.Gut unterstützen
Sich selbst zu organisieren will erst gelernt werden: Sind die Hausaufgaben erledigt? Auch die, die nächste Woche fällig werden? Steht ein Vokabeltest oder eine Arbeit an? Wenn ja, welche Tage hast du für die Vorbereitung eingeplant? Steht die Schultasche jeden Abend vollständig gepackt bereit?
Auch muss meist ein neuer Schulrucksack mit ausreichend Fassungsvermögen für die nun umfangreicheren Schulbücher und -hefte her. Etwas jugendlicher darf der dann schon rüberkommen. Denn sind Einhorn- oder Star-Wars-Motive im Moment noch angesagt, werden diese schnell als peinlich empfunden, outen sie doch den Träger zwangsläufig als Fünftklässler. Wieder zu den Kleinen auf dem Schulhof zu gehören, finden die wenigsten Kinder angenehm.
Die Klassengemeinschaft muss sich erst noch finden, neue Freundschaften entwickeln sich
Viel mehr als mit dem Lehrstoff beschäftigen sich die Kinder anfangs mit den zwischenmenschlichen Beziehungen. Die Klassengemeinschaft muss sich erst noch finden, neue Freundschaften entwickeln sich. Für die Kinder ist es enorm wichtig, einen guten Platz in ihrem neuen Lebensraum zu finden. Als Elternteil sollte man sich daher nicht nur dafür interessieren, ob sein Kind mit den Lehrkräften klarkommt und dem Stoff in Mathe folgen kann: Für den späteren Lernerfolg ist es mindestens genauso wichtig, dass es sich an der neuen Schule wohlfühlt.
Vieles verändert sich – auch die Kinder selbst
Bei der Auswahl der Schule haben wir in erster Linie den Schulweg im Blick gehabt. Der muss nun mal täglich bewältigt werden, und zwar idealerweise ohne Elterntaxi zu Fuß, per Rad oder Bus. Zwei Gymnasien kamen demnach infrage. Julie hat sich für das ihrer Schwester entschieden und wird mit dem Rad fahren, obwohl sämtliche Freundinnen auf das andere, zu Fuß erreichbare gehen werden. „Klar bin ich traurig, dass ich meine Freundinnen dann nicht mehr jeden Tag in der Schule sehen werde. Aber ich kann sie ja noch nachmittags treffen“, tröstet sie sich immer wieder selbst „Du wirst sowieso bald ganz andere Freundinnen haben“, weiß Annika, die zu ihren alten Freundinnen aus Grundschultagen inzwischen nur noch sehr losen Kontakt pflegt.
Ein bekanntes Gesicht erleichtet die ersten Tage
Gerade gegen Ende der Grundschulzeit und zu Beginn der Pubertät sind Freundschaften von Veränderungen geprägt. Da interessiert sich die ehemals BFF plötzlich nur noch für Kosmetik und Jungs, während die andere lieber auf dem Schulhof spielen möchte. Zufällig wird ein Mädchen aus Julies Ballettgruppe das gleiche Gymnasium wie Julie besuchen. Die Mädchen haben sich gegenseitig als Wunschmitschülerin angegeben und sich seitdem ein paarmal verabredet. Annika kannte damals eine neue Mitschülerin flüchtig aus der Grundschulparallelklasse. Noch heute fahren sie gemeinsam mit dem Rad zur Schule. Und auch wenn sich daraus später keine tiefere Freundschaft entwickelt, erleichtert ein bekanntes Gesicht die ersten Tage. Danach gilt: Es findet sich, was sich finden soll.
Julie nutzte bisher jede Gelegenheit, ihre neue Schule zu besuchen und möglichst viele Lehrer persönlich kennenzulernen. Sie bestand darauf, mich zu den Elternsprechtagen zu begleiten und anschließend von ihrer Schwester auf dem Schulgelände herumgeführt zu werden. Ohne Geschwisterkind lohnt ein Blick auf die Webseite der Schule. Die meisten Schulen bieten im Laufe des Jahres nicht nur einen Tag der offenen Tür und Schnuppernachmittage für interessierte Grundschulkinder an, sondern auch andere, öffentlich zugängliche Schulveranstaltungen. Wenn man das ein oder andere Angebote im Vorfeld nutzt, wirkt die neue Schule gleich weniger fremd.
Für Eltern bedeutet die weiterführende Schule ebenfalls Veränderung
Trotzdem findet Julie den riesigen Schulkomplex angsteinflößend. „In den ganzen Gängen werde ich mich nie im Leben zurechtfinden!“ Doch, wirst du, ganz schnell“, ermutigt sie die große Schwester. „Du bist ja nicht alleine. Sind doch alle neu.“„Und deinen Schulweg fahren wir bis zum Ende der Sommerferien so oft wie möglich ab. Wenn du willst, begleite ich dich die ersten Tage mit dem Rad“, verspreche ich. Annika verzieht das Gesicht. Ich habe sie damals genau einen einzigen Morgen begleiten dürfen, bevor ich ihr zu peinlich wurde. Für Eltern bedeutet die weiterführende Schule ebenfalls Veränderung. Loslassen ist nicht immer einfach!
Julie sieht dem Schulwechsel mit gemischten Gefühlen entgegen. Einerseits fällt ihr der Abschied von Freunden, Lehrkräften und der vertrauten Umgebung schwer. Andererseits freut sie sich auf den neuen Lebensabschnitt. Und der gehört natürlich gefeiert! Nach der Einschulungsfeier in der Schule werden wir den Tag mit Kuchen oder einem Essen ausklingen lassen. Annika hat sich damals sehr über die kleine Schultüte mit Süßigkeiten, besonderen Stiften und Glücksbringern gefreut. Für kleine Geschenke, die den Neustart versüßen, ist man selbst als Fünftklässler nie zu alt!
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Tipps für den Übergang von der Grundschule zur weiterführenden Schule – Eine erste Version dieses Artikels ist im Heft 3/18 von Magazin SCHULE erschienen; letzte Aktualisierung siehe Datum oben – Fotos: master1305 / Freepik