Mal heißen sie „Sachaufgaben“, oft auch „Textaufgaben“ – aber sonderlich beliebt sind sie selten: Rechenaufgaben, die sich in kleinen, alltagsnahen Geschichten verstecken. Bei diesem Aufgabentyp ist keine klare Rechnung vorgegeben, sondern die Schülerinnen und Schüler müssen alle Angaben und oft auch die Problemstellung aus dem Text herauslesen. Dadurch stellen Sachaufgaben hohe Anforderungen an ihre sprachliche Kompetenz.
So fällt es manchen Kindern schwer, relevante Daten von unwichtigen zu unterscheiden. Auch ist es nicht einfach, zu den gegebenen Informationen die entsprechenden Rechenoperationen zu finden – oder die passende Frage zum Text. Dies gilt erst recht bei Sachaufgaben ohne zusätzliche bildliche Darstellungen, in Aufgaben mit mehreren Rechenschritten oder mit unbekannten Inhalten.
Sachaufgaben sind auch in anderen Fächern wichtig
Trotzdem sind Sachaufgaben sinnvoll und wichtig in der Schule – wenn sie richtig gemacht sind: dann nämlich, wenn sie tatsächlich eine Brücke zum Alltag herstellen und mathematische Operationen in die Lebenswelt der Kinder tragen. Außerdem benötigen die Schülerinnen und Schüler diese Fähigkeiten ihre ganze Schulzeit über: Auch in anderen Fächern bleibt es eine ständige Herausforderung, aus Aufgaben die Problemstellung zu erfassen, relevante Informationen herauszulesen und die richtige Lösungsstrategie anzuwenden. (Lesen Sie zum Beispiel hier, weshalb Operatoren heute so wichtig sind)
Zum Glück können Eltern ihre Kinder gut darauf vorbereiten.
Die folgenden Tipps und Hinweise helfen dabei, Sachaufgaben richtig zu lösen:
1. Alltagssituationen nutzen
Nicht nur in der Schule begegnen einem viele Zahlen und Ziffern. So spielen Kinder zum Beispiel gern mit Würfeln, Bausteinen, Karten, sie machen Gesellschaftsspiele, hantieren mit Spielgeld oder echten Euro aus ihrem Sparschwein. Sie gucken auf die Uhr, schauen zu, wie Eltern etwas messen oder wiegen, und möchten das auch einmal selbst machen. Sie helfen im Haushalt, decken vielleicht den Tisch, räumen Geschirr ab, holen Sachen aus dem Keller, gehen einkaufen und vieles mehr.
Ständig sind Kinder damit beschäftigt, etwas zu zählen, zu addieren, zu subtrahieren, malzunehmen oder zu teilen – auch wenn dies oft unbewusst geschieht. Solche konkreten Erfahrungen können Eltern gut nutzen, um schon frühzeitig Vorurteilen gegenüber Textaufgaben entgegenzuwirken und eine positive Einstellung dazu aufzubauen.
Beispiele:
a) Peter würfelt eine Drei, eine Fünf und dann eine Zwei.
3 + 5 + 2 = ?
b) Wie kann Peter mit 3 Würfen 13 Punkte erreichen?
6 + 4 + 3 = 13
oder
5 + 2 + 6 = 13
oder
6 + 6 + 1 = 13
usw.
2. Vom Einfachen zum Schwierigen vorgehen
Es empfiehlt sich, mit Situationen zu beginnen, die Aufgaben mit einer Frage und nur einem Rechenschritt betreffen. Erst nach einer gewissen Übungszeit sollten Kinder mit Sachsituationen konfrontiert werden, die mehrere solcher Operationen erfordern.
Beispiele:
a) Einfache Aufgabe:
Lilli hat 6 Kuscheltiere. Oma schenkt ihr noch 2 kleine Teddys. Wie viele Tiere hat sie nun?
6 + 2 = ?
b) Schwierigere Aufgabe:
Pit hat eine Tüte Bonbons. Sein Bruder isst 4, er selbst 2 Bonbons. Jetzt hat er nur noch 18 Bonbons. Er verteilt sie an seine 3 Freunde.
1. Fragen formulieren:
– Wie viele Bonbons waren in der Tüte?
– Wie viele Bonbons bekommt jeder Freund?
2. Erster Rechenschritt:
18 + 4 + 2 = ? (Lösung: 24)
oder:
? – 4 – 2 = 18 (Lösung: 24)
(mithilfe der Umkehraufgabe)
3. Zweiter Rechenschritt:
18 : 3 = ? (Lösung: 6)
Antworten: In der Tüte waren 24 Bonbons. Jeder seiner Freunde bekommt 6 Bonbons.
3. Die Sprachkompetenz fördern
Jeder Unterricht ist zugleich Sprachunterricht, so auch der Mathematikunterricht. Wenn Eltern sich viel mit ihren Kindern unterhalten, ihnen etwas vorlesen oder sie zum Lesen motivieren, tragen sie zur Wortschatzerweiterung bei – und erleichtern ihren Kindern dadurch die Arbeit mit Sachaufgaben. Besonders hilfreich sind Übungen mit sogenannten Signalwörtern, die in Sachaufgaben eine dominierende Rolle spielen:
• plus (sammeln, gewinnen, sparen, dazu …)
• minus (verlieren, ausgeben, verschenken, wegnehmen …)
• ergänzen (Was fehlt noch? Habe ich genug? Was brauche ich noch?)
• malnehmen (verdoppeln, verdreifachen etc.)
• teilen (halbieren, die Hälfte von, ein Drittel von etc.)
4. Kinder selbst Sachaufgaben erfinden lassen
Kinder versetzen sich gern in andere Rollen, auch in die der Lehrerin oder des Lehrers. Deshalb erfinden viele gern selbst Sachaufgaben – was ihnen wiederum hilft, gestellte Aufgaben besser zu verstehen.
So kann das aussehen:
a) 28 – 3 = ?
– Zu einer Klasse gehören 28 Kinder. 3 sind heute krank.
– Von 28 Rechenaufgaben habe ich erst 3 gelöst.
b) 75 + ? = 100
– Beim Ratespiel habe ich schon 75 Punkte gesammelt.
– Für den Sieg brauche ich aber 100 Punkte.
5. Aufgaben nach Grundtypen ordnen und nach erforderlichen Operationen gliedern
Plusaufgaben: 17 + 5 + 6 = ?
Minusaufgaben: 83 – 7 = ?
Ergänzungsaufgaben (positiv): 34 + ? = 43
Ergänzungsaufgaben (negativ): 51 – ? = 48
Malaufgaben: 5 • 6 = ?
Teilaufgaben: 28 : 4 = ?
Verdoppeln: 30 + 30 = ?
oder
30 • 2 = ? (mal 2)
Halbieren: 28 : 2 = ? (durch 2)
Aufgaben mit Größen, d. h. mit Maßen, Gewichten, Geld- und Zeiteinheiten:
7 cm + 8 cm = ? cm
62 kg – 5 kg = ? kg
46 Euro + 9 Euro = ? Euro
135 Min = ? Stunden und ? Minuten
6. Hilfen durch konkretes Tun und zeichnerische Darstellungen
Vielen Kindern hilft es, wenn sie mit Zahlen nicht nur im Kopf arbeiten müssen, sondern ihre Hände dazu gebrauchen. So kann man Rechnungen zum Beispiel mit kleinen Kreisen oder Strichen darstellen:
10 – 3 = ?
ooooo ooøøø
I I I I I I I I I I
Zur besseren Orientierung im Zahlenraum hat es sich bewährt, einen Zahlenstrahl (oder Zahlenzaun, Zahlenkette) mit Strichen oder kleinen Kreisen und Zahlen auf Pappe zu zeichnen und an gut sichtbarer Stelle im Kinderzimmer aufzuhängen.
7. Ganz besonders wichtig:
Kinder müssen die konkreten Arbeitsschritte kennen, mit denen sie Sachaufgaben lösen:
a) Die Sachaufgabe sorgfältig, mindestens zweimal lesen.
b) Sie mit eigenen Worten wiedergeben.
c) Wichtiges von Unwichtigem trennen.
d) Signalwörter und bedeutsame Informationen heraussuchen, wenn möglich farbig markieren.
e) Gesuchte Daten und bei Bedarf auch die Frage ermitteln.
f) Die daraus resultierende Operation notieren.
g) Die Lösung formulieren.
h) Alle Schritte noch einmal kontrollieren.
8. Tipp: das Rechengeschichten-Buch
Gerade wenn ein Kind sich anfangs mit Sachaufgaben schwertut, ist es stolz, wenn ihm eine Lösung gelingt. Das kann man unterstützen, indem das Kind besonders schwierige Aufgaben, die es gelöst hat, in einem Rechengeschichten-Buch sammelt und vielleicht selbst mit gemalten Bildern verziert.
- „Sachaufgaben leichter lösen“ – Fotos: Freepik