Gute Klasse, schwache Schüler – Magazin SCHULE
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Gute Klasse – schwache Schüler

Ziehen starke Schüler die schlechten ganz automatisch mit? Das haben Bildungsforscher aus Tübingen untersucht und sind zu einem überraschenden Ergebnis gekommen


Eigentlich freut sich Bernd Höhler, dass sein Sohn Maximilian nach dem Umzug von München nach Hamburg in eine leistungsstarke Klasse gekommen ist. Max ist selbst eher ein schlechter Schüler, war schon mehrfach versetzungsgefährdet. Der Vater hofft, dass die guten Schüler seinen Sohn anspornen, motivieren und mitziehen …

Eine gute Klasse muss nicht für alle gut sein

Wissenschaftler um Dr. Richard Göllner und Professor Ulrich Trautwein von der Universität Tübingen haben zusammen mit Forschern der University of Houston und der University of Illinois zu diesem Thema geforscht –und keine so guten Nachrichten für die Höhlers: Der Besuch einer guten Klasse muss nicht automatisch gut für alle sein, die sie besuchen. Starke Schüler ziehen schwache Klassenkameraden nicht unbedingt mit. Das Gegenteil kann der Fall sein: Die schwächeren Schüler lassen sich dadurch eher verunsichern.

„Der ständige Vergleich mit Mitschülern, aber auch nachteilige Beurteilungen durch Lehrkräfte führen dazu, dass die Erwartungen an die eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten sinken, was sich wiederum nachteilig auf den Berufs- und Karriereweg auswirkt,“ sagt Richard Göllner vom Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung an der Universität Tübingen. Die Wissenschaftler werteten Daten einer Langzeitstudie aus den USA aus. Rund 380 000 Highschool-Schülerinnen und -Schüler nahmen im Jahr 1960 daran teil. Etwa 85 000 konnten nach elf Jahren und immerhin noch 2 000 nach 50 Jahren erneut befragt werden.

Der ständige Vergleich setzt einigen offensichtlich zu

Das Ergebnis: Der ständige Vergleich mit Besseren setzt einigen offensichtlich nachhaltig zu. Schwache Schüler, die leistungsstarke Klassen besuchten, hatten weniger hohe Erwartungen an ihre eigene akade­mische Karriere, arbeiteten in weniger ­angesehenen Berufen und verdienten ­sowohl nach elf als auch nach 50 Jahren weniger als jemand, der auf eine Schule mit schwächeren Schülern ging.

Die Ergebnisse der Studie könnten auch relevant sein für die Diskussion um die Leistungsdifferenzierung im Schulsystem: „Die Studie zeigt, dass es naiv ist zu denken, dass leistungsstarke Mitschüler langfristig zu günstigeren Ergebnissen führen“, sagt Professor Ulrich Trautwein, Direktor des Hector-Instituts für Empirische Sozialforschung. „Wer bei Reformen des Schulsystems die psychologischen Bedürfnisse der Schüler vergisst, tut sich keinen Gefallen.“

 

„Gute Klasse, schwache Schüler“ – Foto: Pixabay



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