Michi Beck, vor zwei Jahren haben Sie Ihre alte Schule wieder besucht. Schön oder schlimm?
Ein ziemlicher Flashback mit gemischten Gefühlen. Ich bin eigentlich gerne zur Schule gegangen – so bis zur achten Klasse. Ab da hatte ich nur noch wenig Lust zu lernen und wurde schließlich unehrenhaft entlassen. Mein Zeugnis war so schlecht, dass ich nicht in die zwölfte Klasse versetzt wurde.
Woran sind Sie gescheitert?
Wie die meisten – an den Naturwissenschaften, Mathe und Physik.
Haben Ihnen Ihre Eltern Nachhilfe ans Herz gelegt?
Ans Herz gelegt? Sie haben mich dazu gezwungen. (lacht) Hat aber nicht viel genützt.
Das Karls-Gymnasium in Stuttgart ist ein humanistisches. Wäre eine künstlerische Ausrichtung für Sie besser gewesen?
Tatsächlich bot mir die Schule zu wenig kreativen Freiraum. Andererseits zehre ich bis heute von der sprachlichen Bildung. Sie ist für die Songs, die ich schreibe, immens wichtig.
Der Fanta4-MC
Michi Beck (*1967) ist Hip-Hop-Musiker und Synchronsprecher. Zusammen mit Thomas D, And.Ypsilon und Smudo gründete er 1989 Die Fantastischen Vier – bis heute sind sie eine der bekanntesten Bands Deutschlands
Sie haben mal gesagt, dass Sie eher ein Außenseiter in der Klasse waren.
Auf jeden Fall ein Eigenbrötler, ich gehörte nicht zu den Coolen der Klasse. Eine Zeit lang habe ich versucht, mit Klassenclown-Qualitäten von inhaltlichen Defiziten abzulenken. Ich erinnere mich, dass ich relativ viel Zeit vor der Tür verbrachte. Das war damals so die übliche pädagogische Maßnahme.
Haben Sie auch Streiche gespielt?
Sie meinen „pranks“? So sagt man heute doch. Nein, eher nicht. Ich habe manchmal den Unterricht gestört und geschwänzt.
Was sagten Ihre Eltern dazu?
Sie haben das gar nicht mitbekommen, da ich natürlich nichts erzählt habe. Erst als sie mein schlechtes Zeugnis sahen, machten sie sich Sorgen um meinen schulischen Erfolg. Nach meinem Abgang von der Schule stellten sie mich dann vor die Wahl: zu Hause ausziehen oder eine Lehre machen.
Sie haben sich für die Lehre entschieden.
Genau. Eigentlich wollte ich mich nur den berauschenden Genüssen der Natur hingeben – doch ich fand mich plötzlich in einem Metallbetrieb wieder und bin heute staatlich geprüfter Groß- und Außenhandelskaufmann. Das war überhaupt nicht das Leben, das ich führen wollte. Ich habe die Lehre zwar fertig gemacht, danach aber mit umso mehr Elan meine Musikkarriere vorangetrieben. Gegen Ende der Lehre habe ich die anderen drei Fantas kennengelernt. Im Grunde war die ungeliebte Lehre – so kann man sagen – ein echter Antriebsmotor für unsere Band.
Ihre Töchter sind jetzt sieben und elf Jahre alt. Wollen Sie bei den beiden in Sachen Bildung etwas anders machen, als Sie es bei sich selbst erlebt haben?
Es gibt keinen Masterplan. Meine Frau Ulrike und ich lassen es so laufen, wie es sich ergibt. Natürlich sprechen wir mit Freunden über Schule, aber wir verfolgen kein Ziel. Die Kinder sollen machen dürfen, was sie wollen und was ihnen guttut. Das Leben ist doch heute ein ganz anderes als das, was wir oder unsere Eltern früher geführt haben.
Sie haben ja auch einen anderen Weg eingeschlagen als den, den Ihre Eltern für Sie gesehen haben.
Klar, meine Mutter hat noch mitbekommen, wie erfolglos ich in der Schule und wie unglücklich ich in der Lehre war. Sie war daher sehr stolz, dass ich mit meiner Leidenschaft, der Musik, und als Showkasper Erfolg hatte.
Auch ohne Abitur …
Ja, das schmerzt mich auch jeden Tag. Nein, Spaß beiseite, ich habe wirklich nie bereut, das Abitur nicht gemacht zu haben. Aber natürlich würde ich meinen Kindern raten, den Abschluss zu machen. Es ist ein riesiges Glück und Privileg, dass ich von der Musik leben kann. Aber das habe ich auch mit viel Mühe und festem Willen erarbeitet. Ich bin sehr froh, dass es lief, wie es lief.
Kommentare sind geschlossen.