Eines steht fest: An dieses Schuljahr werden wir uns ein Leben lang erinnern. Die Schulen monatelang geschlossen, Kontakt zu Lehrern und Mitschülern nur über obskure Online-Plattformen und Eltern, die ihren Kindern doch wieder selbst Lesen und Schreiben beibringen müssen: Das hätten die meisten Menschen zum Halbjahreswechsel noch für den Rahmen eines Science-Fiction-Thrillers gehalten. Doch statt im Film landet das Schuljahr 2019/20 wohl in den Geschichtsbüchern – ein Eintrag, auf den viele von uns offenbar gern verzichtet hätten.
Wie lief der Heimunterricht bei Ihnen?
Das haben wir die Magazin-SCHULE-Leserinnen gefragt – und darauf sehr unterschiedliche Antworten bekommen. Nach einer Art Schockstarre in den ersten Tagen (die an manchen Schulen und bei manchen Lehrkräften auch Wochen dauerte) haben jedenfalls inzwischen alle Schüler Heimunterricht als Alltag kennengelernt. Doch wie dieser Alltag genau aussieht, wie Familien und Lehrkräfte damit zurecht kommen, ist von Bundesland zu Bundesland, Schule zu Schule und Familie zu Familie anders. Was lernen wir also aus dieser Extremsituation für die Zukunft?
Hier ist eine Auswahl Ihrer Antworten:
1. Der Start war (zu) holprig
Dana:
Bei uns war es sehr holprig. Die verschiedenen Sever (iserv, mebis) funktionierten sehr wackelig. Jeder Lehrer nutzte verschiedene Wege Server, private Mail, WhatsApp, Zoom, usw. – was alles sehr unübersichtlich machte. Leider kamen die Aufgaben zu jeder Zeit und nicht analog zur Unterichtszeit. Extrem war eine Umfrage an die Schüler zwischen 18-20 Uhr (nur in dieser Zeit sichtbar, ohne Vorankündigung). Anregung: Alle Lehrer einer Schule sollten einen Weg nutzen. Und es sollte zukünftig Untericht aufgenommen werden und für das Homeschooling zur Verfügung stehen (auch für erkrankte Schüler).
Lassen Sie Langeweile zu, das fördert die Kreativität, sagten die Lehrer
Alexandra:
Meine Tochter, 12, besucht die 6. Klasse einer Montessorischule. Vor Pfingsten kam von den Leherern sehr wenig, mehr so „nutzt die freie Zeit für Euch“, „Lassen Sie Langeweile zu, denn das fördert Kretivität.“ Da war uns aber schon drei Wochen langweilig… Also hab ich ständig selbst Arbeitsblätter aus dem Internet und Online-Übungen rausgesucht. Nach Pfingsten gab es wenigstens einen Wochenplan, und in der 2. Woche nach Pfingsten wurde immerhin für deutsch „Anton“ eingeführt. In Mathe kam extrem wenig, dafür mussten die Kinder seitenweise kopierte Schulbuchseiten über Nilhochwasser und Hochkulturen lesen und dazu Fragen beantworten.
Also kurz und gut, bei uns lief irgendwann gar nichts mehr. Meine Tochter hat sich komplett verweigert und ist nur noch „rumgehangen“. Da ich als „systemrelevant“ eingestuft bin und mein Mann im Homeoffice arbeitet, haben wir den Lehrern vorgeschlagen, mein Kind in die Notbetreuung zu schicken. Das war seit Wochen die beste Idee!!
Wie geht es Ihren mit dem Corona-Lernen?
Wenn Sie Ihre Erfahrungen ebenfalls mit uns teilen möchten, nutzen Sie gern unser Umfrage-Formular. Oder Sie posten einen Kommentar unter diesem Artikel.
Danke für Ihren Beitrag!
Anke:
Gut:
- Kontakt zu Klassenlehrern, Onlineplattformen vorhanden
Schlecht:
- bis zu sechs verschiedene Kommunikationswege pro Kind (diverse Plattformen, Email, WhatsApp),
- Fachlehrer, die nicht mal eine Mail-Adresse herausgeben und damit jegliche Kommunikation mit den Kindern verweigern,
- Fachlehrer, von denen man noch gar nichts gehört hat,
- keine Arbeitsblätter zum digitalen Reinschreiben sondern schlecht gescannte PDF zum Ausdrucken – Ausfüllen – Abfotografieren – Zurückschicken per WhatsApp-Foto
- Fehlende Struktur und Absprachen zwischen den Fachlehrern einer Klasse
Flora:
Unser zweites Kind ist Erstklässler. Ihm als Laie bzw. Nicht-Pädagoge Schreiben und Lesen beizubringen, ist nicht meine Kernkompetenz.
Edda:
Unsere Tochter geht in die 12. Klasse des Gymnasiums. Die Betreuung durch die Lehrer lief durchweg sehr minimalistisch bis gar nicht. Eine Lehrerin hat zu Beginn des Schulschlusses eine Mappe mit einigen Aufgaben verteilt, diese Aufgaben waren bereits nach kurzer Zeit gefertigt, leider folgte dann die ganzen Wochen rein gar nichts mehr. In einem Fach (Abi-Fach unserer Tochter) wurde in den letzten 7 Wochen (2 Wochen waren Oster-Ferien) zweimal für 45 Minuten eine Video-Unterrichtsstunde gehalten. Auch von den Lehrern der Hauptfächer kamen so gut wie keine Aufgaben. Ich bin sehr enttäuscht vom Engagement der Lehrer, sie haben über Wochen nur einen Bruchteil der zu leistenden Stunden abgehalten oder versucht, den Schülern auf irdendeinem Weg Übungen zukommen zu lassen – und das bei vollem Gehalt! Nicht zu vergessen, die hohen Rentenansprüche und die Unkündbarkeit eines Beamten! Mich wundert es nicht, dass in der Gesellschaft das Ansehen der Lehrer so stark gesunken ist – in der freien Wirtschaft würde ein solches Verhalten zum Verlust des Arbeitsplatzes führen.
2. (Auch mal ein) Lob für die Lehrkräfte
Miriam:
Wirklich vorbereitet auf digitalen Unterricht waren offenbar die wenigsten Lehrkräfte. Aber nicht alle Eltern haben überwiegend schlechte Erfahrungen mit dem Corona-Lernen gemacht. Viele loben auch die Bemühungen der Lehrkräfte. Manche können dem Homeschooling sogar einige grundsätzlich positive Aspekte abgewinnen:
Ein Elternabend fand online statt, könnte man gerne immer so machen!
Meine Tochter besucht die 4. Klasse (in NRW). Dank einer guten Schulleiterin begann zumindest der Matheunterricht direkt in der ersten „Corona-Ferien-Woche“ via Alfaview. Meine 9 Jahre alte Tochter kommt damit sehr gut zurecht. Nach 1,5 Wochen war auch die Deutschlehrerin so weit und hält seitdem täglich eine Deutschstunde online.
Es freut mich, dass mein Kind neben Wochenplänen so auch neuen Stoff vermittelt bekommt. Auch wenn ich mir eine Ausweitung auf weitere Fächer gewünscht hätte, aber das liegt wohl am Engagement der Lehrkräfte, die sich scheinbar schwer tun. Auch ein Elternabend fand online statt, könnte man gerne immer so machen!
Alessia:
Wir unterrichten an meiner Schule mit Google classroom und es läuft sehr gut! Wir sind ins kalte Wasser gesprungen, aber alle, Schüler, Lehrer, Eltern meistern die Situation mit viel Engagement und Motivation. Wir haben viel dazu gelernt – das hätten wir sonst nie gemacht.
Unsere Tochter wäre ein Kind für 13 Jahre Homeschooling!
Isa:
Wir kommen sehr gut klar; unsere Tochter hatte vor dem Lockdown arge Probleme in zwei Fächern – die sind nun weg. Sie wäre ein Kind für 13 Jahre Homeschooling! Auch unsere anderen drei Kinder kommen gut klar; die Große macht Abitur und wir freuen uns alle, dass es nun nächste Woche endlich losgeht mit den Klausuren!
Bettina:
Unsere Erfahrung mit Homeschooling sind sehr gut. Unsere beiden Kinder gehen in die örtliche Grundschule, 2. Und 4. Klasse. Beide Lehrkraefte haben die Herausforderung angenommen und, jeder auf seine Weise, bravourös gelöst.
Für die 2. Klasse schickte die Lehrerin Uebungsblätter mit Lösungsblättern. Zu neuen Themen gab es kindgerechte Texte und selbst gedrehte Videos. Wir waren total begeistert. Die Aufgaben waren so gestaltet, dass die Zweitklässler überwiegend alleine arbeiten könnten.
Die Lehrerin der 4. Klasse arbeitete mit einem Online-Klassenchatroom und überwiegend mit Online-Übungen, die sie einsehen könnte. Nebenher gab es noch Aufgaben aus Buechern und Arbeitsheften, dann waren die Kinder aufgerufen, Rückmeldung im Chatroom zu geben.
Unsere Tochter nutzte Skype und Videotelefonie fuer Treffen mit Freundinnen, sie spielte sogar Barbie, oder „Schule“, alles per Videotelefonie. Wir hatten in unserem Haushalt einen Computer und ein Tablet. Das Tablet hatte unsere Tochter, den PC mein Mann für Homeoffice. Ich bin momentan nicht berufstätig.
Für uns war es, abgesehen von der Virusbedrohung (wir haben Asthma) eine schöne Zeit mit intensivem Naturerlebnis, da wir so oft im Wald waren, wie noch nie. Wir leben in einer Kleinstadt und haben eine Terrasse und einen kleinen Reihenhausgarten, in dem ein Trampolin steht.
Sobald die Lehrer engagiert sind, klappt das alles wirklich gut
Antje:
Bei uns (Schularten: Gymnasium und Hotelfachschule) läuft der Online-Unterricht sehr gut. Die Lehrer sind bemüht, nicht zu viel Arbeitsaufträge zu erteilen, und fragen auch bei den Schülern nach, ob das mengenmässig ok ist. Natürlich muss das auch wirklich realistisch beurteilt werden. Aber das geht wohl sehr gut. Auch wird immer ein Termin genannt, zu dem die Aufgaben an die Lehrer zurückzusenden sind. Am Gymnasium vermisse ich jedoch etwas, dass es keinen Video-Unterricht (im Klassenverbund) gibt. Das wiederum hat an der Hotelfachschule sehr gut funktioniert.
Sobald die Lehrer engagiert sind, klappt das, denke ich, alles wirklich gut. Wichtig ist auch, meiner Meinung nach, dass die Kinder auch eine vernünftige Rückmeldung über gemachte Aufgaben erhalten.
Unsere Töchter würden das schon noch etwas aushalten (einmal 10. Klasse und einmal Abschluss im Hotelfach). Unsere Jüngere (Gymnasium 10. Klasse) lernt nun, etwas besser selbständig zu arbeiten und neue Sachen zu erarbeiten. Nur die Zeiteinteilung lässt noch zu wünschen übrig. Aber da hängen wir uns noch nicht rein, solange das alles einigermassen funktioniert und die Laune gut ist!
3. Es fehlt an Anleitung – und an Kontakt
Was die allermeisten Kinder vermissen, ist der persönliche Kontakt – zu den Kameraden, aber auch zu den Lehrkräften. Ein Chat oder auch eine Videokonferenz erzeugen einfach nicht die Nähe und Beziehung, die man Auge zu Auge hat. Ohne die Möglichkeit, im Unterricht schnell mal eine Frage zu stellen, fällt vielen auch das Arbeiten schwerer. So fühlen sich viele Familien mit dem Heimunterricht alleine gelassen:
Claudia:
Es fehlt der persönliche Kontakt um Fragen zu stellen und richtige Antworten zu erhalten. Die Schüler sind je nach Lernstand auf sich allein gestellt und brauchen Unterstützung von zu Hause. Auch teilweise bei der Bedienung der Platformen. Es fehlen Anleitungen zum Lernen von neuen Themen. Es ist alles etwas schwammig. An und für sich sind die Platformen nicht schlecht, aber noch sehr ausbaufähig.
Johannes:
Die Kommunikation zwischen Lehrern und Schülern ist nicht gut. Es gibt wenig Aufgaben, und die Schüler wissen nicht, wie sie ihre Zeit einteilen sollen.
Steffi:
Wir müssen, mit zweiter und vierter Klasse, ganz strukturiert den Morgen gestalten. Mit Stundenplan, wann Mathe, wann Deutsch, wann Englisch ist und wann die „Schule“ vorbei ist. Neulich wollten wir etwas lockerer einen Live-Sport dazwischen machen, das hat aber alles durcheinander gebracht, und wir bleiben nun bei unserem „stupiden“ Alltag.
Ich merke die fehlenden sozialen Kontake der Kinder – und auch meine!
Leider sind die Aufgaben der Kinder fast nur reines Aufgabenblätter bearbeiten und das klappt manchmal, aber leider oft auch überhaupt nicht gut. Leider ist es mir nicht möglich, in den „Schulalltag“ Abwechslung rein zu bringen.
Ebenso merke ich die fehlenden sozialen Kontake der Kinder – und auch für mich!
Hoffe, die Lockerungen werden weitergeführt und nicht zurück gezogen!
Ines:
Mein Sohn geht in die 11. Klasse eines beruflichen Gymnasiums mit dem Ziel Fachabitur im Bereich Technik. Mit dem „Heimunterricht“ kommt er gut zurecht – in den Fächern, in denen noch Nachschub von den Lehrern kommt. Leider funktioniert nicht alles. Der Physiklehrer schickte einen Link für die Videokonferenz, dieser funktionierte jedoch nur bei drei Schülern, bei den anderen nicht. Das teilte mein Sohn dem Lehrer per E-Mail mit, bekam aber keine Antwort. Stattdessen beschwerte sich der Lehrer per Rundum-Mail über die schlechte Teilnahme.
Nur die Lehrer in Mathe, Physik, Elektrotechnik und Geschichte kommunizieren regelmäßig mit den Schülern, schicken Aufgaben und lassen sich die Lösungen schicken. Andere Lehrer sind seit dem 18.03. abgetaucht, z.B. in Englisch und Russisch. Sie gaben am letzten Schultag (17.03.) Aufgaben mit, welche bis zum 20.04. bearbeitet werden sollten. Vermutlich glaubten sie, an diesem Tag geht die Schule wieder los.
4. Digitales Lernen kann frustrierend und anstrengend sein
Von digitaler Euphorie war in Ihren Antworten jedenfalls wenig zu lesen. Die meisten Eltern wissen den klassischen Präsenzunterricht zu schätzen – jetzt vielleicht mehr als vor der Corona-Krise. Und so fällt das Urteil über die notgedrungene Heimbeschulung unserer Kinder oft differenziert aus:
Will der Staat seine Schulpflicht bei mir zu Hause abwickeln?
Veri:
Gut finde ich, dass die Kinder nach ihrem eigenen Rhythmus lernen konnten. In einer ‚Krisensituation‘ haben Kinder ja sowieso andere Bedürfnisse als sonst, und es ist eminent wichtig, dass sie neben Lernstoff auch noch genug ,Zeitgeschichte‘ mitbekommen!
Wirklich schlecht finde ich die unklare Gesamtlage. In keinem anderen europäischen Land ist Homeschooling so unerwünscht wie in Deutschland. Ich frage mich daher nach wie vor, was ‚Lernen zuhause‘ eigentlich (auch rechtlich) sein soll, zumal es ja keine Bildungspflicht gibt. Ich habe den Eindruck, der Staat versucht die Quadratur des Kreises und will seine Schulpflicht bei mir zuhause abwickeln. Es wurde en passant auf private Wohnzimmer, Kinderzimmer, Computer etc. zugegriffen. Das finde ich inakzeptabel – zuhause haben allein die Eltern die Erziehungshoheit, bestimmen die Zeiteinteilung usw. Ebenso inakzeptabel ist der völlig unhinterfragte Digitalisierungs-Hype, der Kinder dazu animiert hat, unverantwortbar lange Zeit vor Bildschirmen zu verbringen!!
Christiane:
Ich sehe das Lernen zu Hause sehr differenziert.
Homescooling bei meinem Kind (2. Klasse Grundschule BW):
Es läuft gut mit Arbeitsblättern, App und Erklärvideos. Wir machen uns nicht viel Druck und sehen das als einen Punkt in unserer Tagesstruktur. Die Lehrerinnen schicken immer wieder digitale Grüße und haben schon zweimal telefonisch Kontakt aufgenommen. Wir tauschen uns per Mail aus. Mein Kind vermisst seine Spielkameraden, seine Klassenkameraden und das soziale Lernen in der Klasse. Aber was die Aufgaben angeht sind alle sehr entspannt. Dranbleiben und immer mal wieder was tun, damit das gelernte der Zeit vor Corona nicht völlig weg ist.
Von einigen Schülern habe ich wochenlang kein Lebenszeichen erhalten
Homescooling bei meinen Schülern (Berufliche Schule – Abiturienten, Realschüler und Hauptschüler):
Meine vier Abiturienten haben die Zeit zum Lernen mehr oder weniger genutzt. Wir haben uns zum Chat per Skype oder Teams getroffen und Fragen geklärt. Die Motivation fiel ihnen schwer, haben sie berichtet, und alle waren froh, als wir von E-Mail und Cloud auf Chat umgestiegen sind.
Die Schüler, die Realschulabschluss machen dieses Schuljahr, haben sich in der Zeit, als es Aufgaben per Mail oder über eine Cloud gab, sehr zurückgezogen. Von einigen habe ich wochenlang nicht ein Lebenszeichen erhalten. Manche konnten nichts ausdrucken, haben sich aber trotz Angebot in meinen Mails nicht rückgemeldet. Andere haben einfach nichts geantwortet. Ca. die Hälfte hat auf ausdrückliches Nachfragen bearbeitete Aufgaben geschickt. Bei einem Videochat kurz vor Wiederöffnung waren aber fast alle da.
Die Schüler, die dieses Jahr Hauptschulabschluss machen, sind durch Lernangebote am schwierigsten zu erreichen. Die Motivation für die Schule ist eh nicht groß, und da nutzt man die Zeit eher für Corona-Ferien oder jobbt nebenher. Die Erfahrung zeigt, dass diejenigen, die auch sonst fleißig dabei sind, auch zu Corona-Zeiten was gemacht haben. Wer vorher schon nicht motiviert war, ist es jetzt erst recht nicht. Und auch Methodenvielfalt, d.h. nicht nur Arbeitsblätter und Verweise auf Lernvideos, sondern auch interaktive Aufgaben mit Lernkontrolle, kommen nicht an.
Manche Schüler brauchen den Druck, den Präsenzunterricht ausübt
Und einige Schüler sind auch über noch so viele und vielfältige Angebote nicht zu erreichen. Diese Schüler brauchen den Druck, den Präsenzunterricht ausübt und die reale Beziehung zu ihren Lehrern. Und die ist durch nichts zu ersetzen, auch nicht durch noch bessere und leichter zugängliche Angebote. Die erreichen nur die Schüler, die zumindest ein Stück weit selbst motiviert sind.
Übrigens geht es da auch den Lehrern nicht anders. Mail und Cloud als einzige Kontaktmöglichkeit finde ich frustrierend, Chats und Videokonferenzen unheimlich anstrengend, zumal ich da die Klassen teilen muss. Wer möchte schon mit 25 oder gar 30 Pupertierenden chatten? Am liebsten ist es mir, die Schüler sitzen vor mir und wir können uns durch Körpersprache, Mimik, durch soziale Interaktion mitteilen und gemeinsam lernen.
Manuela:
Leider werden die Schüler mit Migrationshintergründen völlig vergessen!
Sie sprechen seit 9 Wochen kein Deutsch mehr. Haben oft nicht die nötige technische Ausstattung. Sie bekommen Aufgaben, die sie lösen sollen. Zum Lernen einer Sprache bedarf es aber Hilfestellungen, Erklärungen und vor allem dem Sprechen der Sprache! Förderunterricht findet gar nicht mehr statt.
Diese Schüler werden die Verlierer sein! Sie werden den Anschluss nicht mehr schaffen und ein Jahr verlieren. Die Politik tut nichts! Bald wird kein Geld mehr für die Förderung da sein.
Sidonie:
Ehrlich gesagt: das Lernen Zuhause und der Heimunterricht waren bzw. sind eine Katastrophe. Jene Lehrer, deren Fächer, höchstens 1x in der Woche gehalten wurden (laut normalem Stundenplan), deckten die Kids mit Aufgaben zu, so dass sie bald die Lust daran verloren. Aus einer Stunde Wochenunterricht wurden schon mal schnell zwei Stunden täglicher Unterricht. Bei anderen Fächern, die Hauptfächer Mathe, Deutsch, Englisch, wurden entweder zu wenig vorbereitet und an die Kids weitergegeben oder viele Aufgaben waren eher Sinnlos-Aufgaben. Nur um die Kids beschäftigt zu wissen. Meist ohne Zusammenhang oder die zehnte Wiederholung von irgendwas. Das war ebenso eine Qual.
Was gut lief?
Die ständige schlechte Laune vom Kind, wenn es denn sonst aus der Schule kam und dort mal wieder gemobbt wurde, blieb aus. Es vermisste niemanden wirklich. Es musste keinen überschweren Rucksack herumtragen, bei Wind und Wetter musste es nicht ohne Wetterschutz auf den ständig zu spät kommenden Schulbus warten… Das Mittagessen schmeckte besser als in der Schule. Das Kind vermisste kein Schulmaterial mehr, das ihm ständig in der Klasse geklaut wurde. Die Lehrer schreien nicht herum während des Heimunterrichts. Vielleicht sollte ich diesen Part übernehmen, damit es besser klappt?
Was gar nicht ging?
Es wird einfach davon ausgegangen, dass man als Elternteil (alleinerziehend) dem Kind hilfreich zur Seite steht. Aber meist ist man schlichtweg davon total überfordert. Ich kann es nicht. Das Kind tut sich schwer damit, etwas im Internet oder mittels durch die Lehrer zur Verfügung gestelltem Unterrichtsmaterial über Recherche zu erarbeiten. Mitunter stehe ich als Elternteil kurz vor dem Burnout. Fachlehrer unterrichten zwei oder drei verschiedene Fächer, ich muss in jedem Fach Bescheid wissen. Dabei ist meine Schulzeit über 20 Jahre her. Ich bin kein Lehrer, hätte auch nie einer werden wollen.
Was ich mir wünsche?
Das nicht jeder Fachlehrer stur seinen Weg für sich selbst alleine geht, sondern dass z.B. verschiedene Fachbereiche etwas zusammen erarbeiten und das Interesse der Kids damit geweckt wird, sie verstehen, dass auch im realen Leben Biologie, Englisch, Geschichte, Geografie und Mathe zusammenhängen können. Es hilft nicht, wenn die Kids seitenweise Aufgaben aus dem Buch abschreiben, ein paar Merksätze oder Diagramme hinzufügen sollen – sie dann jedoch nicht wirklich etwas für das Leben dadurch lernen.
Ich verstehe, dass diese Zeit besonders ist, und eben auch besonders schwer für alle. Internet und Computer werden vorausgesetzt, doch wie schnell sind die Kids von den von der Schule zur Verfügung gestellten Internetseiten bei den Spieleseiten? Ich kann nicht ständig daneben stehen oder mein Kind ermahnen, das zu lassen. Sie tun es halt. Die Schule bleibt dann natürlich auf der Strecke, der Ärger, wenn nicht alle Aufgaben zur Zurfriedenheit der Lehrer erledigt wurdenm vorprogrammiert. Und wer ist in den Augen der Lehrer daran Schuld? Natürlich die Eltern.