Ist das Ende der Kreidezeit angebrochen? Ja, wenn man den Befürwortern des digitalen Lernens glaubt. Für sie bedeuten Tablets und Smartphones eine Revolution. Aber es gibt auch die Kritiker, die sich fragen, was das wischende Klassenzimmer tatsächlich bringt. Über kaum ein Thema wurde in den letzten Jahren mehr diskutiert und gestritten. Und auch sehr viel geforscht. Das Zentrum für internationale Bildungsvergleichsstudien (ZIB) an der Technischen Universität München hat nun im Auftrag der Kultusministerkonferenz 79 Studien ausgewertet und in einer Metastudie zusammengefasst.
Teams sind besser als selbstständiges Arbeiten
Das Ergebnis: Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe erzielen in Naturwissenschaften und Mathe bessere Leistungen und sind motivierter, wenn im Unterricht digitale Medien eingesetzt werden. Trotzdem ist der bloße Einsatz digitaler Medien noch kein Erfolgsgarant. Nur wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben sind, klappt es besonders gut: Jugendliche profitieren zum Beispiel mehr, wenn sie in Zweierteams arbeiten. Denn dann entsteht ein lernfördernder Dialog. Völlig selbstständiges Arbeiten mit den Computerprogrammen ist dagegen weniger effektiv als in Begleitung durch Lehrer. Für gute Lernergebnisse sollten digitale Medien analoge Methoden nicht komplett ersetzen, sondern vielmehr ergänzen. Und stärkere Leistungen kommen zutage, wenn digitale Medien durch professionell geschulte Lehrerinnen in den Unterricht integriert werden.
Lernprogramme können Lehrer nicht ersetzen
Und das analoge Lernen? „Digitale Medien sollten im Unterricht mit Augenmaß eingebaut werden“, rät Professorin Kristina Reiss, Leiterin des ZIB und Dekanin der TUM School of Education. Sie sieht im Eliminieren analoger Formate eine Gefahr. „Auch sehr gut gemachte Lernprogramme können Lehrerinnen und Lehrer nicht ersetzen.“ Ein durchdachter Einsatz digitalen Materials könne besonders bei komplexen und abstrakten Inhalten der Naturwissenschaften wie etwa der Darstellung geometrischer Formen oder chemischer Verbindungen voll zur Geltung kommen. Für Reiss ist das „eine große Chance für die MINT-Fächer“, die nach den PISA-Ergebnissen in Deutschland mehr gefördert werden sollten.
Welche Typen digitaler Medien sind zu empfehlen? Größte Wirkung zeigen sogenannte intelligente Tutorensysteme, die Inhalte in kleinen Einheiten und Übungen vermitteln. Geschwindigkeit, Schwierigkeitsgrad und Hilfestellungen lassen sich bei diesen Programmen prima an die Kompetenzen der Nutzer anpassen. Das ZIB hat aus den Ergebnissen der Metastudie eine Broschüre mit Beispielen für den erfolgreichen Einsatz digitaler Medien aufbereitet: „Digitale Medien im mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterricht der Sekundarstufe: Einsatzmöglichkeiten, Umsetzung und Wirksamkeit“ gibt es als Buch (14,99 Euro) oder als kostenloser Download unter waxmann.com.
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