Was habe ich nach dem Abitur meines Sohnes immer getönt: wird Zeit, dass der Junge auszieht! Ich hab keine Lust mehr, für einen Erwachsenen zu kochen! Aber da wusste ich noch nicht, wie schnell es plötzlich gehen kann. Eines Tages war von einem bezahlbaren Zimmer die Rede, und ratzfatz war es soweit: Der Sohn zieht aus. Plötzlich war er draußen.
Womit ich noch weniger gerechnet hatte: Auch ich war ratzfatz draußen – nämlich aus seinem Leben. Jetzt wohnt er zwar nur drei U-Bahn-Stationen weiter, die Wahrheit aber ist: Der Junge, der eben noch die Lego-Kiste unterm Bett hatte, hat sich mit dem Umzug komplett von seiner Mutter abgenabelt. Wenn er, was selten vorkommt, mal vorbeischaut, dann klingelt er wie jeder andere Gast. Und selbst an Heiligabend fährt er nach der Bescherung zu sich nach Hause.
Manchmal beneide ich jetzt andere Eltern, deren Kinder auswärts studieren oder arbeiten. Denn die kommen wenigstens am Wochenende oder in den Ferien mal länger zu Besuch. Gleichzeitig bin ich aber auch irre stolz auf mein Kind, das plötzlich so selbstständig ist. Als wir neulich telefonierten, erzählte mein Sohn mir nebenbei, dass er Fieber habe. Ich schlug natürlich vor, ihm etwas zu kochen und vorbeizubringen. „Nein, das brauchst du nicht“, verwies er mich freundlich, aber bestimmt in meine Schranken. „Ich bin jetzt für mich selbst verantwortlich.“