Der erste Schritt ist schwer. Wer gibt schon gern bei der Ankunft seine Freiheit ab? Doch wer erleben will, weshalb dieses Dorf, nahe der Tauernautobahn, etwa 50 Kilometer südlich von Salzburg, inzwischen eine kleine Berühmtheit ist, muss es tun: seine Autoschlüssel an der Touristeninformation abliefern. Im Gegenzug erhält man den Schlüssel zur Werfenwenger Wunderwelt: die „SAMO-Card“, eine schon fast 20 Jahre alte touristische Besonderheit.
1997 wurde die Dorfgemeinde Werfenweng österreichischer Modellort für jene „sanfte Mobilität“, die der Karte ihren Namen gegeben hat. Ausgangspunkt war und ist eine Idee, die noch heute viele Touristen zuerst irritiert und dann begeistert: Die Gäste verzichten auf ihr Auto, und die Gemeinde sorgt dafür, dass sie trotzdem mobil bleiben. Wer in einer am SAMO-Projekt teilnehmenden Unterkunft übernachtet – und das sind heute die allermeisten am Ort –, kann für eine Schutzgebühr von zehn Euro pro Urlaub und Person (ab sechs Jahren) jederzeit den Shuttle-Service ins zehn Kilometer entfernte Bischofshofen nutzen, sich mit dem Taxiservice chauffieren lassen oder selbst eines der vielen Elektroautos steuern, die die Gemeinde bereitstellt. Lang- und Eislauf, Rodelverleih, Schneeschuhwandern, eine Pferdeschlittenfahrt und sogar das Lamatrekking – alles inklusive.
Wobei, ehrlich gesagt: Dass den meisten Gästen ihr eigenes Auto nicht fehlt, liegt sicher auch an den kurzen Wegen. 900 Einwohner hat Werfenweng, immerhin seit 50 Jahren eher wachsend als schrumpfend, was für ein Bergdorf ohne großen Namen ohnehin schon eine Erfolgsgeschichte ist. Aber von der Unterkunft aus kann man sich in aller Regel auch bequem zu Fuß bewegen.
Viele Hotels liegen direkt an dem 27 Kilometer großen Skigebiet mit seinen insgesamt neun Liften und Bahnen. Dort gibt es alles, was das Herz des Wintersportlers begehrt: Pisten für jedes Level, eine Panorama-Abfahrt, einen Snowboardpark und viele Angebote für Kinder. Der Ort liegt in einem nach Südwesten offenen Hochtal, am Ende der Bischling, mit rund 1900 Metern „der Aussichtsberg im Salzburger Land“ und ein Schneeloch, wie ihn die Einheimischen anpreisen. Insgesamt alles eher entspannt als aufgeregt: „Alle Zeit der Welt“ lautet das Motto, das sich Werfenweng gegeben hat. Naturfreunde und Familien sind die Hauptzielgruppen.
Mit dem Fokus auf sanften Tourismus passt Werfenweng jedenfalls perfekt ins Konzept der „Alpine Pearls“, jenem Zusammenschluss nachhaltig wirtschaftender Urlaubsorte, der 2012 sogar mit dem „Goldenen Panda“ der Umweltorganisation WWF ausgezeichnet wurde. Insgesamt 27 Ferienregionen in Frankreich, der Schweiz, in Österreich, Deutschland, Italien und Slowenien, darunter große Namen wie Arosa und Berchtesgaden, versprechen unter diesem Namen „Urlaub im Einklang mit der Natur“.
Winterspaß in Werfenweng
Pferdeschlittenfahrt
Jeden Mittwoch, Donnerstag und Freitag starten die Pferdeschlitten am Dorfplatz zu einer eineinhalbstündigen Runde mit kurzer Einkehr. SAMO-Card-Inhaber fahren einmal kostenlos, ansonsten zahlen Kinder 6–9, Erwachsene 13 Euro. In der Saison vorbuchen – die Fahrten sind beliebt!Lamatrekking
Keine Anmeldung braucht man für die Lamatrekking-Touren, die jeden Mittwochabend um 19 Uhr 30 am Dorfplatz starten. 45 Minuten dauert die Runde, in der Saison kann es voll werden.Rodeln
Vier Rodelbahnen und einen Kinder-Rodelhang empfiehlt das Werfenwenger Tourismusbüro. Highlight ist der 1200 Meter lange „Köpfl-Flitzer“ von der Mittelstation aus, der mittwochs und freitags bis 22 Uhr beleuchtet ist.Winterwandern
„Wir gehen spazieren“ ist meist nicht gerade das, was Kinder unter einem spannenden Urlaubstag verstehen. Aber wenn man an einem Rodelhang vorbeikommt und dann noch eine gemütliche Alm auf dem Weg liegt, könnte was draus werden – sieben Wege dieser Art sind in Werfenweng ausgeschildert.Shoppen
Wir können alles – außer Rummel: Wer eine belebte Fußgängerzone mit einigen Geschäften sucht, muss schon bis nach Bischofshofen fahren. Aber dafür gibt es ja den (für SAMO-Card-Inhaber kostenlosen) Shuttle-Service.Infos und Pläne
Werfenweng und seine Angebote:
werfenweng.eu
Infos für Skifahrer:
bergbahnenwerfenweng.at
Die nachhaltigen „Perlen der Alpen“:
alpine-pearls.com
Ein Verzicht auf Schneekanonen und Liftneubauten ist damit nicht unbedingt gemeint– auch die Pisten im Schneeloch Werfenweng sind zu 100 Prozent beschneibar. Aber immerhin unterwerfen sich diese Orte freiwillig einigen Kriterien: So müssen sie auch ohne Auto problemlos erreich- und erlebbar sein, auf alternative Energien setzen und ihre regionaltypischen Besonderheiten bewahren.
So wie in Werfenweng die Winterwanderwege. Das weite Tal ist bestens geeignet, um auch ohne Ski voranzukommen. Sieben Wege sind speziell für Fußgänger ausgezeichnet. Auch die Touren mit der Pferdekutsche oder den Lamas gehören zu den entschleunigenden Erlebnissen, die den Urlaub in dem Dorf auszeichnen.
Wobei auch hier Langsamkeit nicht alles ist. Wer einmal in einem Elektroauto aufs Gaspedal gedrückt hat, weiß, was Beschleunigung ist. Und im Sommer fallen in Werfenweng auch einige Fahrzeuge unter den Begriff der „sanften Mobilität“, bei denen die Fortbewegung eher Nebensache ist – vom Segway über E-Dreiräder bis hin zu den Spaßfahrzeugen wie „Arrow“ und „Biga“, die man eher auf dem Abenteuerspielplatz verorten würde. Wie gut, dass Spaß und Nachhaltigkeit sich nicht ausschließen müssen.
Fotos: Werfenweng Tourismus; Skischule Pro Werfenweng